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Integration in Ungarn? 13.01.2015, 12:02Hulk
Aktivisten der Jobbik-Bewegung sind berüchtigt für rassistische Übergriffe auf Roma. Sieht so in Ungarn die Integration aus?


Orbán ist nicht Charlie...: Reaktionen auf Einwanderer-Hetze des ungarischen Premiers

Unangebracht, zynisch, völlig daneben. So lautete der Tenor bei der demokratischen Opposition, den unabhängigen Medien und auf vielen Seiten im Internet zu Orbáns Pariser Auftritt. Stichhaltige Argumente lassen den Premier wie einen Kaiser ohne Kleider stehen. Die Neonazis loben Orbán als “fast” einen der Ihren und die regierungstreuen Medien tendieren dazu, den Opfern eine Mitschuld an den Hinrichtungen zuzuschieben. Originelles kam hingegen aus den USA.

Viele Kommentatoren sprachen von der "Verlogenheit" von Orbáns Auftritt mit den anderen Regierungschefs am Sonntag in Paris. Die Millionen Menschen beim "republikanischen Marsch" gingen "für die Republik, für Medien- und Meinungsfreiheit - und für die Einheit Europas auf die Strassen", also "für all das, wogegen Orbán seit 2010 arbeitet", hieß es weiter. "Orbán ist nicht Charlie", brachte es ein Kommentator der Online-Zeitung Gépnarancs auf den Punkt.

Die gebündelte Phantasie des Internets holte weiter aus, man rechnete ihm vor, dass er doch über eine halbe Millionen ungarische Pässe an "Ungarn" in den Nachbarländern verteilte, was belegt, dass es ihm gar nicht um den geforderten Einwanderungsstopp gehe, sondern um völkische Selektion. Es wurden Hinweise platziert, wonach ein bestimmtes Volk, vor mehr als 1000 Jahren ebenfalls als "Wirtschaftsflüchtlinge" im Karpatenbecken ankam und wiederum Hunderttausende Ungarn auch heute als "Wirtschaftsflüchtlinge" Aufnahme in anderen Ländern finden. Gegen "kulturfremde" Menschen, die sich ungarische Pässe für Staatsanleihen kauften, habe Orbán auch nichts, also könne, so sein Argument der kulturellen Inkompatibilität kaum gelten. Im übrigen, solle er nächstes Mal lieber bei Pegida mitmarschieren, als bei Kundgebungen der Freiheit und Völkerverständigung.



Magyarische Stämme kamen vor über tausend Jahren ins Karpatenbecken, das waren gewissermaßen auch Wirtschaftsflüchtlinge, in jedem Falle einmal Ausländer, nur der Empfang war damals ein anderer, obowhl das “Benehmen” der Neuen sich durchaus sehr durch “Integrationsverweigerung” und “Kulturfremdheit” auszeichnete. Verewigt ist die Szene im emblematischen Gemälde “Landnahme” von Mihály Munkácsy, einem in Ungarn hoch verehrten Historienmaler aus dem 19. Jh.

Auch international nahmen die Medien Kenntnis, u.a. Le Monde, The Independent, Libération, auch die deutsche und österreichische Presse kommentierten Orbáns "Wettern gegen Multikulti", dass, wie wir gestern analysierten, jedoch weit darüber hinausging und eigentlich eine völkische Hetztirade war, eine Dimension, die nicht alle westlichen Medien so erfassten, wohl auch, weil man das einem europäischen Regierungschef in einer so offen rassistischen Ausformung wohl einfach nicht zutraut.

Für die linken und liberalen Oppositionsparteien war Orbáns Auftritt, der wohl einer manischen Phase nach der Weihnachtsdepression entsprang, ein gefundenes Fressen:

Timea Szabó von "Dialog für Ungarn" verlangt von Orbán eine öffentliche Rücknahme seiner Bemerkungen und er solle mit dem "Schulterschluss mit der radikalen Rechten" aufhören. Die Ungarn wollten "ein Teil Europas sein und bleiben, nicht nur ökonomisch, auch kulturell." Stattdessen orientiert Orbán sich an den Modellen der Rechtsextremisten und "isoliert Ungarn so weiter". Ohnehin sei Ungarn "wegen des kompletten Fehlens einer angemessenen Integrationspolitik nie ein attraktives Einwanderungsziel gewesen."
Ágnes Vadai von Gyurcsánys Parteiensekte DK kommentierte, dass der "chronische Populist" Orbán nun endgültig "die Politik der extremistischen Jobbik" fahre. In Paris habe er so getan, als hätte Ungarn wirklich ein Einwanderungsproblem, doch alle Flüchtlinge, die hier ankommen, wollten nichts weiter, als so schnell wie möglich wieder raus aus dem Land. Hinzu kommt, dass Ungarn ein Auswanderungsproblem habe - "Dank" der Politik seiner Regierung.

Die linksliberale "Együtt", gegründet von Ex-Premier Bajnai, sieht Orbán "ein weiteres Mal die Werte verraten, die er vor 25 Jahren vertreten hat", seine "xenophpoben Statements" leisteten Ungarn einen Bärendienst, so Nóra Hajdú, die ebenfalls die Auswanderung vieler Ungarn als das wirkliche Problem des Landes benannte.

Der Chef der MSZP József Tóbiás verlangte, dass Orbán an den 5-Parteien-Anti-Terrorgesprächen am Mittwoch teilnimmt, ansonsten bliebe auch die MSZP fern. Ungarn sollte mit anderen EU-Ländern an einer gemeinsamen Anti-Terror-Strategie arbeiten. Dies ginge aber nur im Konsens, die MSZP werde sich nicht an einer Kooperation von Fidesz und Jobbik beteiligen. Im übrigen habe der Premier mit seinen Äußerungen in Paris Merkel und Cameron indirekt aufgefordert die Hunderttausenden in Großbritannien und Deutschland arbeitenden Ungarn abzuschieben. Er solle besser nachdenken, bevor er den Mund aufmacht.

Lajos Bokros, berühmt-berüchtigter ehemaliger Finanzminister und Chef der liberal-konservativen Ein-Mann-Partei "Bewegung für ein Modernes Ungarn" schnauzte Orbán in einem Facebook-Eintrag an, er möge es nicht wagen "für alle Ungarn zu sprechen", denn was da aus ihm rauskomme seien Orbáns Standpunkte "und die seiner extremistischen und fremdenfeindlichen Verbündeten". Wieso sei er überhaupt nach Paris gefahren, wenn er gar nicht kapiert habe, worum es dort eigentlich geht, fragte Bokros, um ihn dann sozusagen an den nationalistischen Eiern zu packen: Wenn Ungarn ausschließlich den Ungarn gehören solle, was mache er, Orbán, dann, wenn die Slowakei, Rumänien oder Serbien das gleiche in ihren Ländern reklamierten (also jenen Ländern mit signifkanten ungarischen Minderheiten). Wie also will er Minderheitenrechte einfordern, wenn er "artfremde Kulturen" nicht dulden will.

Von Regierungsseite blieb es seit Sonntag recht leise, selbst aus Orbáns eigenen Reihen wollte kaum jemand den Kopf aus dem Medien-Fenster stecken. Nur der “arme” Fraktionschef Rogán, der sich auf seinem Schleudersitz die Arbeiten gerade nicht aussuchen kann, wurde vorgeschickt, um zu melden, dass "es eine völlig normale Position sei, zu fordern, dass Ungarn ungarisch bleiben" solle.

Rechte und regierungsnahe Medienkommentare schossen sich auf die "falsch verstandende" Freiheit, die "übertriebene Meinungsfreiheit" ein und nannten die von den Charlie Hebdo Redakteuren verübte Blashpemie eine "überflüssige und gefährliche Provokation". Die Message: Heiliges, Mächtiges anzugreifen ist nicht schlau, der Subtext: die Opfer sind selbst schuld.

Auch die neonazistische Jobbik sprang Orbán zur Seite und drängte ihn zu praktischen Schritten. Europa solle ein "Belegt"-Schild an seine Grenzen hängen, immerhin ist die Zahl der Flüchtlinge, die über Ungarn gekommen sind binnen zwei Jahren um das 8fache gestiegen (es war sogar das 10fache, die meisten aus Syrien, Irak, kaum einer von denen bleibt in Ungarn...). Ein Jobbik-Sprecher lobte den Premier, dieser habe "fast schon wie ein Jobbik-Politiker gehandelt", als er einen "generellen Einwanderungsstopp" forderte. Nun müsse er konsequent bleiben und die Jobbik-Forderung erfüllen, die "Asylantenheime" (es sind in Wirklichkeit reine Gefängnisse) außerhalb bewohnter Siedlungen aufzubauen, gemeint: Internierungslager.

Am originellsten reagierte der US-Gesandte in Budapest, André Goodfriend, duch seine proaktive Antikorruptionspolitik (Fidesz: Umsturzversuche einer Weltmacht) ohnehin schon Staatsfeind Nr. 1 der Orbánisten. Er verlinkte auf Twitter trocken ein Zitat des ungarischen Staatsgründers, des Heiligen Stephan von vor eintausend Jahren, als dieser seinem Nachfolger mitgab: "Ein Land, dass nur eine Sprache und nur eine Tradition hat ist schwach und wird scheitern. Ich empfehle Dir daher dringend, Ausländer willkommen zu heißen, freundlich zu behandeln und ehrbar zu behandeln, so dass sie lieber bleiben als anderswo hinzuziehen...". Dass das der gleiche Stephan war, der das Chrsitentum mit fanatischer Gewalt als Staatsreligion durchsetzte und potentielle Nachfolgekonkurrenten die Augen ausstechen und die Ohren mit Blei ausgießen ließ, sei hier der Vollständigkeit halber erwähnt, Amerikaner nehmen es mitunter weder mit der Historie, noch mit der Folter zu genau, wenn nur der Zweck “heilig” scheint.

http://www.pesterlloyd.net/html/1503reaktionenorbanparis.html
Ist das der vielgepriesene Stolz der Ungarn?


- Editiert von Hulk am 13.01.2015, 12:42 -
Integration in Ungarn? 13.01.2015, 17:28Hajrá
Ist das die vielgepriesene subjektive Einstellung des PL.????
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