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Grundnahrungsmittel 13.01.2015, 22:10anton
Entlastung bei Grundnahrungsmitteln in Ungarn passt nicht ins Regierungskonzept

Der ungarische Ministerpräsident lehnte es im Rahmen einer Parlamentsdebatte am Montag ein weiteres Mal ab, die europaweit höchsten Mehrwertsteuersätze auf Lebensmittel in seinem Land, darunter auch die Grundnahrungsmittel, abzusenken, um so vor allem den untersten Einkommensschichten eine Entlastung zu gewähren. Die Argumente der Regierung folgen einer realitätsfernen Steuerphilosophie und nehmen die weitere Verelendung des unteren Drittels billigend in Kauf. Selbst in den eigenen Reihen formiert sich Widerstand.

Die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel erhöhte sich 2006, im Zuge des "Gyurcsány-Paketes" drastisch und stieg damals von 15 auf 20%, im Januar 2009 wurde sie von Premier Bajnai als Krisennotbremse nochmal von 20 auf 25% angehoben, stieg also binnen 4 Jahren um 10 Prozentpunkte. Den letzten Schritt machte dann die Orbán-Regierung Anfang 2012 und hob die Áfa auf den Regelsatz von 27% an, Ausnahmen bilden nur Milchprodukte und Brot mit 18%, ein wahrlich schwacher Trost und ein trauriger Europarekord.

In dem Warensegment der Grundnahrungsmittel schlug die Teuerung im Vorjahr zum Teil zweistellig zu, durch die neue Pauschaleinkommenssteuer ohne Freibeträge, haben Mindestlohn- und Unterduchschnittsbezieher aber bereits weniger Geld in der Tasche als früher, die Inflation von über 5,3% im Vorjahr senkte die Realeinkommen weiter.

Eine Absenkung der Mehrwertsteuersätze wird daher seit Jahren immer wieder vorgeschlagen, um wenigstens die Ärmsten zu entlasten, auch aus den Reihen der Regierungspartei kommen immer wieder Gesetzentwürfe, zuletzt aus dem Landwirtschaftsministerium. Jedoch nicht in erster Linie aus Wohltätigkeit, sondern weil die hohen Sätze organisierte Bertrügerbanden zu sogenannten Karussel-Geschäften einladen, wo mit der Rückerstattung der Mehrwertsteuer über Kauf/Verkauf, Ex-/Reimport über undurchsichtige Firmengeflechte betrügerisch Geld abgezockt werden. Nach externen Schätzungen verliert die Staatskasse dadurch im Jahr umgerechnet bis zu 800 Mio. EUR, die Regierung sieht den Schaden bei rund 300 Mrd., immernoch ca. 1% des BIP.

Doch Orbán bleibt all diesen Argumenten verschlossen und seiner Wunschvorstellung von einer neuen Steuerwelt treu. Auf entsprechende Vorhaltungen seitens der Opposition sagte er, "es sei besser und gerechter", die Einkommen geringer zu besteuern als den Verbrauch. Ein Argument, das - zumindest was die untersten Einkommensschichten betrifft - völliger Nonsense ist, denn durch eine höhere Verbrauchsbesteuerung bestraft man denjenigen, der einen höheren Anteil seines Gehaltes für die Deckung der Grundbedrüfnisse ausgeben muss, das sind nunmal die Geringverdiener.

Sinnvoll ist das von Orbán vorgebrachte Steuermodell "Arbeit entlasten, Konsum besteuern" nur dann, wenn die große Mehrheit der Bevölkerung über ein Einkommen verfügt, das über die Grundversorgung hinausreicht. Das ist aber in Ungarn nie wirklich der Fall gewesen und wird auch so bald nicht eintreten. Da die relative Mehrheit am oder unter dem Existenzminimum lebt (geschätzte 40%), verschärft sich durch die heutige Steuerpolitik nur die Einkommensschere, Verelendung ist die Folge.

Mittlerweile kursieren bereits Gerüchte, die ab dem 1. Forint und für alle, vom Millionär bis zum Sozialhilfeempfänger gültige Flat tax von 16% könnte für bestimmte Gruppen von Beschäftigten gar auf 10% abgesenkt werden, bei gleichzeitiger Anhebung der Verbrauchssteuern, was die oben geschilderte Disproportionalität jedoch nicht aufheben, sondern sogar verschärfen würde. Dabei wurde im Finanzministerium argumentiert, dass die Steuerabsenkung bei der Flat tax den Staat etwa genauso viel kosten würde wie die Reduzierung der Áfa-Schlüssel auf z.B. 5% bei Grundnahrungsmitteln. Auch diese Argumentation schießt an den Betroffenen wieder vollständig vorbei und ist ein Beleg für die kalt ständische Ausrichtung der "Nationalkonersvativen".

Die Opposition reagierte erbost auf Orbáns unbelehrbares Festhalten an seiner Steuerphilosophie. Die Überlegungen seien ja theoretisch schön und gut, aber in der Praxis hungern die Menschen, während andere fröhlich weiter betrügen könnten, sagte ein MSZP-Abgeordneter. Auch die eigene Klientel, z.B. Bauernverbände fordern die Absenkung, weil sie sonst ihre gestiegenen Erzeugerpreise kaum im Handel durchsetzen könnten. Der Konkurrenzkampf zwischen CBA, Tesco und Co. ist momentan noch die einzige kleine Hürde, die ein Durchbrechen massiver Preisaufschläge, z.B. bei Brot verzögern kann - kein sehr vertrauenswürdiger und schon gar kein langn anhaltender Schutz. Mehr zum Kampf um den Brotpreis.

Auch die Debatte um die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zeigt wieder, dass diese Regierung ihre Politik nicht am Geschehen, sondern am Willen ausrichtet, ihr das Festhalten an der vorgegebenen Ideologie fast jeder Preis wert ist, zumal sie diesen, wie die Umfragen zeigen, immer noch nicht selbst bezahlen muss.


Mehrwertsteuer auf Lebensmittel im EU-Vergleich

"Behüt mich Gott vor Sturm und Wind und den Deutschen die ausgewandert sind."

Für viele ist nie zu spät, das zu werden, was sie nie werden können.

Fordere von Anderen immer nur das, was dir selbst Total am Arsch vorbei geht.

Jeder soll den Mist ausbaden, den er selbst verzapft hat.

Was gäbe ich für eine Welt ohne Sprücheklopfer und Besserwisser.
Grundnahrungsmittel 14.01.2015, 06:57Hajrá
stimmt nicht ganz.Von 25% wurde sie nochmals an die Eu angepasst auf 20% und dann auf 27% rauf...
Der totale Urlaub am Balaton....
Grundnahrungsmittel 14.01.2015, 08:43Wähler
Quellenangabe:Pester Llyod 2013.
also am Montag vor 2 Jahren oder so.
Guten Morgen und einen schönen Tag
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