Gast | Dienstag, 13.05.2008 um 02:38
Gebrechlicher Opa oder Folterer ?
von Urs Wälterlin
In Australien muss ein Gericht entscheiden, ob der 86jährige gebürtige Ungar Charles Zentai nach Budapest ausgeliefert werden soll. Kommt es zur Abschiebung, wäre dies das erste mal, dass sich ein nach Australien geflohener mutmaßlicher Nazi-Kriegsverbrecher vor Gericht verantworten müsste.
Er tut einem fast leid, der alte Mann, wie er da steht in seinem Wohnzimmer, im selbst gestrickten Wollpullover, auf einen knorrigen Stock gestützt. Im Hintergrund hängt an der Wand ein Bild mit schneebedeckten Bergen, daneben erinnern ein paar vergilbte Fotos an die Vergangenheit. Doch wenn man der ungarischen Regierung glaubt, ist der 86jährige Charles Zentai nicht einfach ein liebenswerter, gebrechlicher Opa aus der westaustralischen Stadt Perth, sondern ein grausamer Folterer und Mörder. Er soll 1944 als Mitglied einer faschistischen Kampfgruppe in seiner damaligen Heimatstadt Budapest einen 18jährigen Juden ermordet haben. Zentai, so Zeugen, habe Peter Balasch aus einem Tram geholt und fünf Stunden lang verprügelt und gefoltert. Dann war der junge Mann tot. Zentai gibt zwar zu, zu den Faschisten gehört zu haben. Die Vorwürfe aber bestreitet er. Er habe am Tag vor dem Mord Budapest verlassen. Nach dem Krieg kam er über Deutschland nach Australien, wo er ein ruhiges Leben führte. Doch nicht mehr lange, wenn es nach den Ungarn geht: Budapest hat seine Auslieferung beantragt, um ihn vor Gericht stellen zu können. Über Jahre hat Zentai vor australischen Richtern gegen eine solche Verfügung gekämpft - ergebnislos. In diesen Wochen entscheidet sich in letzter Instanz, ob er gehen muss.
Falls Zentai ausgeliefert wird, bedeutet das einen seltenen Sieg für Organisationen wie das Simon Wiesenthal Centre, die seit Jahrzehnten in Australien Nazi-Schlächtern auf der Spur sind. Er wäre der erste eines Nazi-Verbrechens beschuldigte Australier, der sich vor einem ausländischen Gericht verantworten müsste. In der Vergangenheit fehlte es den australischen Politikern schlicht am Willen, Täter aufzuspüren und den langwierigen Auslieferungsprozess zu beginnen. Zwar gab es in den neunziger Jahren eine eigens dafür eingerichtete Untersuchungskommission. Trotz zum Teil aufwendiger Verfahren gelang es aber nie, mutmaßliche Nazi-Kriminelle zur Rechenschaft zu ziehen – ob im Ausland oder in ihrer Wahlheimat. Dass der Fünfte Kontinent in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg vielen Nazis als Unterschlupf diente, ist unbestritten. Gelegentlich kamen SS-Täter sogar unerkannt auf den selben Schiffen nach Australien wie ihre überlebenden Opfer. Doch obwohl über die Jahre immer wieder einzelne Verdächtige aufgespürt wurden - ausgeliefert wurde keiner. Im Jahr 2001 wäre es fast so weit gekommen. Damals stand der 88jährige Konrad Kalejs kurz vor der Abschiebung. Kalejs war ein ehemaliger Nazi-Kollaborateur aus Lettland. Es gab starke Beweise, dass er maßgeblich an Massenerschießungen von jüdischen Zivilisten beteiligt gewesen war. Er hatte abwechslungsweise in Kanada und Australien gelebt und wurde als Immobilienhändler zum Millionär. Doch nur Tage vor seiner Auslieferung starb Kalejs an Altersschwäche. Auf ein solches Schicksal hofft nun auch Charles Zentai, wie er mehr oder weniger offen zugibt. Er hat im Kampf gegen die Auslieferung sein ganzes Vermögen für die Verteidigung ausgegeben und wird wohl bald auch sein Haus verlieren.
Quelle: Handelsblatt vom 13.05.2008 |
Gast | wieso kann einem so ein mensch leid tun .
hat er mitleid gezeigt???-dann rücksicht aufs alter ---niemals
wer in jungen jahren ein schwein war --der bleibt es auch im alter,
kein mitleid. wieviel unglück brachte er über andere ????
georg |