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balaton-service.info - Das Forum für Ungarn / Sehenswertes, Kultur, Kneipenführer / K u l t u r / Ungarische Lyrik: Gáspár Nagy
In diesem Thread befinden sich 2 Posts.
Blasius
icon01.gif Ungarische Lyrik: Gáspár Nagy - 26.04.2009, 16:18:24

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Wir blicken einst in die Vergangenheit ... im Herbst


Eines schönen Tags werde ich sagen:

meine Herren, ich kauf Ihnen die

missratenen Seufzer ab, aber ich fordere

alle Schlüssel der Stadt, denn

ich suche einen bis zur Unkenntlichkeit

geohrfeigten herbstlichen Monat, und ich

weiß nicht was sie antworten werden,

was Sie über diesen Knast wissen

wer den Schlüssel hat, wo der Wächter

sich rumtreibt, verduftet vermutlich

in Zeiten dauernder Intrigen

als Führungswechsel schon das Denken bestimmte –

aus dem Gefängnis der Tränen mit verblutenden

Blättern sich befreiende Herbstzeit

sich hat ausreichend Regen gesammelt und

gleitet mit tarzanischem Geschick

an Kanalröhren hinab, ins Netz,

das unter den Sohlen der Städte pulsierende,

wo selbst der Herrgott sich würde verirren

in Blut, Rattensirenen heulen

durch die Verkehrsschnellen des Kanalbetts

oben atmet die Stadt schon den Winter

möchte die Erstarrung streichen aus dem

demnächst geplanten Aufmarsch festgefro-

rener Schneehaufen, die Stadt lungert herum,

in ihrem Kopf pulsen Glocken Morgen

und Abend, damit sie die Tagesmigräne

nicht verpasse – welch ein Advent, welch eine

Weihnacht steht uns bevor! – es zittern

Bett und Nest der Tiere, auf des Verkehrs

terminologischem Kissenzipfel verirrt sich feder-

wärts des schwertbewehrtem Engels Flügelschlag;

vielleicht verlieren die Opfer den Verstand

ehe sie ein letztes Mal träumen vom

henkerstillen Nachmittag, ihre noch illegalen

Gedanken an der Leine ausführen am Ufer

des Stroms, einen Kuß geschickt zuwerfen

den Mülltonnen, die Auflösung

der verfügbaren Lebensversicherung verfügen

und sich die fürs Begräbnis nötigen

Papiere besorgen, warten,

in leidlicher Haltung auf den Auftritt,

auf sagbare banale Worte; Freiheit

klopft an die Tür und deklamiert für

mich, Unterstufe, grad zweite Klasse,

(wer geht denn nun in die Unterstufe,

ich oder die Freiheit? Das ist hier die Frage

mein Freund, das lässt sich nicht sagen

sagt die Geschichte und schickt Kälte,

sie aber rezitiert): dein Gesicht taucht in eine Glasplatte

in ein noch unerschlossenes Gebiet

straffe Glätte benimmt sich meerhaft

so hoffnungslos, kalt und einsam,

wie dieser Morgen jetzt, voll Trauer um die Nacht

lösen lässt sich mir von den Schultern alle

Last, wecken selbst mit geringstem Lärm

Erfülltes Leben; ich lebe in einem totalen Nach-

auferstehungsmoment, hasche, renne herum,

koche wie Brei auf dem Herd –

(und dann noch solches): ein Poem, auf den Punkt

gebracht, könnte die Nacht, dein einstürzendes Heim die

Wand deines verfallenen Hauses stützen vielleicht

ein solches Poem vermag vieles

ist gut für dies uns das, Hoffnung an aller Dinge Statt

leuchtendes Brot in den Händen

Und Blut, wenn auch das versiegt. -
eines schönen Tags meine Herren werde ich Ihnen nichts

mehr abkaufen, selbst der Herbstmonat

wird seine Blätter ungehindert abwerfen, und

der Winter gar wird schneien auf alles, vor allem.

(1981)
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Luna
icon01.gif Ungarische Lyrik: Gáspár Nagy - 05.05.2009, 15:05:30
Skype: Dieter
1181 Posts - Eingebürgerter
Lebe heute
aus dem ungarischen übersetzt von Doris Fischbacher


Als Sternchen vom Himmel fiel

Es war einmal vor vielen Millionen Lichtjahren, da ward
ein kleiner Stern geboren. Ein Mädchenstern, dass war
unverkennbar und Mutter-Stern nannte sie einfach
„Sternchen“. Sie war wie alle kleinen Mädchen neugierig
und wollte von ihrer Mutter immer alles wissen.

Sie beobachteten das Universum, sahen wie Sterne
geboren wurden und wieder starben. Und eines Tages da
wurde ein ganz komischer Himmelskörper geboren. Er war
von dort oben so wunderschön anzusehen. Blau und grün
und braun. Umhüllt von duftig weißen Wolken. Es war die
Erde.

Sternchen wollte alles darüber wissen, sie lernte mit
Mutter-Stern die Vulkane und die weiten, dunkelblauen
Ozeane kennen. Sie erlebten wie die Bäume und Gräser
wuchsen und sie entdeckten die Dinosaurier und sahen
Säbelzahntiger kommen und gehen.

Eines Tages sagte Sternchen: "ich muss da
hinunter, das ist ja soooo schön." Mama-Stern aber
warnte sie: „Du darfst auch nicht einmal daran denken.
Sobald Du Dich auf den Weg machst, fängst Du an zu
glühen und solltest Du unten ankommen, bist Du
erloschen und nur ein kalter, harter Stein!“

Nun, das machte dem kleinen Sternen Mädchen schon Angst
und sie verdrängte ihren Wunsch. Aber auch Sternen
Kinder sind Kinder und so war ihr Traum bald wieder da.
Eines Tages, als die Erde gerade wieder so herrlich
azurblau anzusehen war und keine dunstigen
Nebelschleier ihr Gesicht verhüllten, da lehnte sie
sich ganz weit vor um alles noch besser sehen zu
können. Plötzlich geschah das Unglück und Sternchen
fiel in den Weltraum hinaus, geradewegs in Richtung
Erde.

Aber wie schnell hatte sie das bereut. Sie stürzte
vorbei an heißen, glühenden Planeten. Große Brocken von
Meteoriten streiften sie und rissen ihr tiefe Wunden in
ihren strahlenden Körper. Dann war wieder nichts als
schwarze Finsternis um sie herum und Sternchen hatte
schreckliche Angst. Aber das Schlimmste war die Hitze.
Eine Glut wie tausend Öfen umringte sie, es brannte
alles um sie herum, Flammen schlugen um ihren kleinen
Sternen Körper. Und was das aller Schlimmste daran war,
das alles kam aus ihr selbst heraus. Hätte sie nur auf
Mutter Stern gehört.


Sie war der Erde schon ganz nah gekommen. Immer mehr
Flammen und gleißendes Licht umzingelten sie. Sie sagte
sich: „wenn ich auf der Erde angekommen bin, dann bin
ich verloren.“

Mit rasender Geschwindigkeit sauste sie am Mond vorbei,
der nur tadelnd seinen Finger hob und sein Haupt
verständnislos schüttelte. Sternchen rief „Mond, so
hilf mir doch, bitte!“ Aber sie war schon an ihm vorbei
gejagt und er konnte ihr nicht helfen.

Immer näher kam sie der Erde, aber weil dort gerade
Nacht war, konnte sie nicht einmal die Schönheiten
entdecken, für die sie in den Tod stürzte.


Mit lautem Heulen, Brausen und Getöse fiel Sternchen
immer weiter hinunter. Jetzt war alles zu spät!
Sternchen schloss die Augen und erwartete ihren
grausamen Tod. Auf der Erde prasselte der Regen nur so
herab und Winde peitschten, es war ein schreckliches
Schauspiel.


Plötzlich war es still!

Ganz zaghaft am Horizont schaute die Sonne hervor. Sie
war die UrUrUr-Großmutter aller Sterne und sie sah die
Verzweiflung des Sternen Kindes. Schnell schickte sie
Ihre Strahlen aus und die trafen auf die grauen Wolken.
Ein bunter Regenbogen spannte sich über die Erde.



Sternchen plumpste mit einem dumpfen Schlag auf den
gespannten Regenbogen und weil sie ganz schön schwer
war, bog er sich unter ihrem Gewicht nach unten. Doch
wie ein Gummiband schleuderte er Sternchen urplötzlich
wieder mit einem Ruck wieder ins Weltall zurück.


Sie flog und flog, immer weiter hinauf. Vorbei am Mond,
der ihr mit seinem einen Auge zuzwinkerte, denn es war
gerade Halbmond. Sie trieb immer höher und höher
hinaus. Vorbei an den vielen Millionen
Sternengeschwistern bis sie neben der Sternen Mutter
landete. „Puh! Schnaufte Sternchen, das war aber
knapp!“

Und Mutter Stern konnte nur ganz erleichtert ihr Kind
in die Arme schließen. Und weil die beiden sich immer
noch ganz fest umarmen, damit Sternchen nicht wieder
hinunterfallen kann, sehen sie aus wie ein einziger
Stern. Der hellste am ganzen Himmel. Du kannst sie
sehen, wir nennen sie Abendstern oder Venus.
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