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balaton-service.info - Das Forum für Ungarn / Sehenswertes, Kultur, Kneipenführer / K u l t u r / Ungarische Bräuche des Kalenderjahres
In diesem Thread befinden sich 14 Posts.
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Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 22:17:02

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Ungarische Bräuche des Kalenderjahres

Die Bräuche des Kalenderjahres gruppieren sich um die Winter-, Frühlings- und Sommersonnenwende, werden aber hier des leichteren Überblicks wegen in der Ordnung des Kalenderjahres beschrieben. Die von dramatischen Elementen durchzogenen und belebten Bräuche sind außerordentlich mannigfaltig und unterscheiden sich nach Gegenden und ethnischen Gruppen.

Die Neujahrsbräuche genau zu fixieren ist nicht leicht. Das liegt daran, daß bis ins 16. Jahrhundert das neue Jahr von Weihnachten an gezählt wurde. Deswegen lassen sich die Bräuche in vielen Fällen nicht genau an einen bestimmten Tag binden. Im Mittelalter erschienen die Fronbauern und das Gesinde vor dem Grundherrn und brachten ihm Geschenke dar. Vielleicht ist es eine unmittelbare Fortsetzung dieser Sitte, wenn auch noch in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts Hirten, Gesinde und auch Kinder am Neujahrsmorgen die Häuser der wohlhabenderen Bauern besuchten und mit Reimen und Liedern Glück zum neuen Jahr wünschten:

Alles Gute geb euch Gott
In dem neuen Jahre!
Nimmer fehle weißes Brot
Euch beim Mittagsmahle!
Soll in Fülle alles sein,
Weizen, Wurst und guter Wein.
Nur die Apothekerware,
Die vergeßt im neuen Jahre!

(Orosháza, Komitat Békés)

Kinder und Burschen machten mit Kuhglocken, Schellen und Eisenstangen großen Lärm, böse Geister von diesem Hause, seinen Bewohnern und seinem Vieh abzuschrecken. Im Szeklerland gab es hier und da den Brauch, den Winter, den eine Strohpuppe darstellte, zu begraben. In der Gegend des Balaton wurde ein Mann mit gebeugtem Rücken die Straße entlang getrieben und mit Ruten geschlagen; dies nannte man Winteraustreiben.


Dreikönigsfest
Szakmár, Kom. Bács-Kiskun

An den Tag der Heiligen Drei Könige (6. Januar) knüpfen sich viele, meist religiös bestimmte Gebräuche, ist er doch der zwölfte Tag nach Weihnachten und bildet den Abschluß der Weihnachtsfeierlichkeiten. Die Bräuche anläßlich dieses Festes weisen viele Ähnlichkeiten mit den Krippenspielen auf, doch kommen dabei weniger Dialoge vor. Das wichtigste Requisit ist der Stern, der die Heiligen Drei Könige nach Bethlehem geführt hat. Dies wird schon im Jahre 1540 in einem Brief {G-686.} aus dem Komitat Somogy erwähnt: „Dann sende mir das Sternlied, wenn Du es besitzest; wenn Du weitere Lieder beschaffen kannst, tue es auch, denn mein gutes Kind hält sich hier auf, das ich zu Dir schicken werde, wenn ich es nicht (nämlich gegen die Türken) beschützen kann.“ Der Stern wurde von einem der drei in Weiß gekleideten Könige an einer Stange oder an einem besonderen Gerät getragen, das zusammengeschoben und verlängert werden konnte. Einem der Könige wurde das Gesicht schwarz angemalt, um ihn als Balthasar, den Mohrenkönig, kenntlich zu machen. Sie gehen von Haus zu Haus und treten mit Liedern wie etwa diesem ein:

Drei Könige brechen auf, sie gehen.
Der Stern, der helle Stern
Bleibt über einem Stalle stehen,
Der Stern, der helle Stern!

Drei Könige brechen auf, sie gehen.
Der Stern, der helle Stern!
Die Mutter Gottes grüßen sie,
Der Stern, der helle Stern!

Und sinken vor ihr auf die Knie,
Der Stern, der helle Stern!

(Komitat Veszprém)

Nachdem alle drei ihre Verse aufgesagt haben, bekommen sie vom Hausherrn Eßwaren und Geld.

Am Dreikönigsfest geht der Geistliche mit dem Kantor und einigen Ministranten auch heute noch im Dorf herum und segnet nacheinander die Häuser. Bei dieser Gelegenheit werden über die Eingangstür die Jahreszahl und die drei Buchstaben K+M+B als Namenszeichen der Heiligen Drei Könige geschrieben. Die Gläubigen spenden dafür Lebensmittel und Geld, was von den Kindern in Körben und Säcken gesammelt wird.

Aus dem Jahre 1783 stammt die Aufzeichnung: „Am Dreikönigsfest gehen die Geistlichen mit dem Kreuz in jedes Haus, beten und koledieren gleichzeitig“, das heißt, sie sammeln milde Gaben (vom slawischen Koleda). Von koledieren spricht man auch, wenn die Kinder allein gehen und singend für sich Gaben sammeln (Heischegang).

Fortsetzung...
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 22:20:27

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Der Blasiustag (3. Februar)

wird hauptsächlich in der westlichen Hälfte des ungarischen Sprachraums begangen. Der heilige Blasius ist der Schutzpatron der Kinder, die er nicht nur belehrte, sondern auch gegen Krankheiten schützte. Eine Blasius-Truppe besteht aus mehreren Personen. So wurden zu Beginn unseres Jahrhunderts im Komitat Zala die folgenden Teilnehmer genannt: Soldat, General, Bischof, Korporal, Fahnenträger, Feldwebel, Speckmeister und der Abc-Schütze. Die vielen militärischen Ränge erklären sich dadurch, daß die Kinder als Werber in die Häuser gingen, um für ihre Schule Schüler zu werben:

Heut am Tag des Blasius
Jeder gute Schüler muß
Rasch durch alle Häuser gehen,
Nach Schulkameraden sehen.
An dem Tag ist Werben Brauch,
Werben wollen wir jetzt auch.

Unser Lehrer, der uns lehrt,
Das zu tun, was einen ehrt,
Schickt uns jetzt von Haus zu Haus.
„Holt mir die Schulschwänzer raus.“
Darum sind wir hergekommen:
Wer sich drückt, wird mitgenommen.

Darum sagt uns bitte gschwind,
ob im Hause Kinder sind,
Die aus uns’rer Kompanie,
Mit uns kommen sollen sie.
In der Schule ist ihr Platz,
Was sie lernen, ist ihr Schatz.

Der wahre Sinn dieser Blasiusfeier lag aber im Betteln, worauf die Bezeichnungen anderer Mitglieder der Truppe hinweisen: Ranzenträger, Spießer, Korbwächter und Speckmeister. Als Gegenleistung beteten die Heischegänger, Blasius möge die Kleinen vor der gefürchteten Halskrankheit (Diphtherie) beschützen:

Heil’ger Blasius im Himmelreich,
Mach, daß die Krankheit von hier weich.
Mit den zwei gekreuzten Kerzen
Halt vom Hals uns fern die Schmerzen!
Blasius wird dieses Haus beschützen.
Aber auch die gute Hausfrau soll uns nützen:
Etwas Wurst und etwas Speck
Macht den Schmerz beim Schlucken weg.
(Szántó, Komitat Tolna)

Fortsetzung...
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 22:22:59

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Den Gregoriusgang (12. März)

zu begehen, scheint ein älterer Brauch als die Blasiusfeier zu sein, ist aber ebenfalls ein Schülerfest. Gregoriusgrüße sind uns bereits aus dem 17. Jahrhundert bekannt, und eine der schönsten Varianten hat sich in der Volksdichtung der csángó erhalten. Ihr entnehmen wir die folgenden zwei Strophen, die – wie das ganze Gedicht – mittelalterliche Überlieferungen bewahren:

Heiliger Gregorius,
Bist ein großer Lehrer.
Höre unsre Bitte,
Wenn nach alter Sitte
Wir, deine Verehrer,
Heut zur Schule gehn.

So wie auch die Meisen
Froh den Frühling preisen,
Auf den Eiern brüten,
Ihre Jungen hüten.
Denn es dauert lang genug,
Bis sie lernen Sang und Flug.

Die Studenten, die im Mittelalter Spenden für ihre Schulen sammelten, und ihre späten protestantischen Nachfahren haben bei der Verbreitung der Heischegänge zu Blasii und Gregorii eine bedeutende Rolle gespielt. Jene späten Nachfahren waren die Mendikanten, die bis vor wenigen Jahrzehnten an großen Feiertagen die Dörfer durchwanderten und für die reformierten Schulen sammelten.

Fortsetzung...
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 22:33:48

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Der Fasching (Karneval)

beginnt mit dem Dreikönigstag und endet am Aschermittwoch. Seinen Höhepunkt erreicht er in der Zeit von Faschingssonntag bis Fastnacht. Es ist eines der Freudenfeste des den Winter, die Kälte und Dunkelheit überwindenden Frühlings, das schon in den mittelalterlichen Quellen erwähnt wird.

Der Fasching ist ohne Zweifel aus dem Westen nach Ungarn gekommen, wie schon seine aus dem Bayerisch-Österreichischen abgeleitete ungarische Bezeichnung farsang erkennen läßt, eine Bezeichnung, die als Familienname bereits im 14. Jahrhundert auftaucht.

Die Einstellung der Kirchen zu den verschiedensten Erscheinungsformen des Faschings erhellt eine aus dem Jahre 1757 stammende Aufzeichnung: „Die Bezeichnung Fasching haben die Ungarn von den Deutschen übernommen, die ihn aus den cantibus circulatorum, den spielerischen Scherzen schmutziger Witzbolde geformt haben; an diesem Tage haben sie verschiedene Spiele und Narreteien aufgeführt, sich bewirten lassen, allerlei Unfug getrieben und sich unterhalten.“

Zu Ende des Faschings wurden die Mädchen „ausgerufen“, denen es nicht gelungen war, einen Mann zu finden. Mit großem Geschrei wurden vor ihren Häusern Lieder gesungen und Klapphornverse aufgesagt:

Müßt euch um die Töchter bangen,
Weil der Fasching schon vergangen.
Konntet ihr sie nicht verkloppen
Nicht für Käse, nicht für Topfen?
Kati ist verkauft schon halb
Für ein einjähriges Kalb.
Und die Hirtin? Für ’nen, Bock.
Die Kantorin? Für ’nen Rock.
Die Tschikoschin kannst du holen
Für den Preis von einem Fohlen.

(Maconka, Komitat Heves)

Im westlichen Teile des Sprachraums erfolgt zu Ende des Faschings das Strunkziehen, eine von den Burschen veranstaltete Spottzeremonie. Im Jahre 1820 heißt es darüber: „Früher zwangen die Ungarn am Aschermittwoch die heiratsfähigen Mädchen, die bis zum Faschingstag keinen Mann gefunden hatten, wie wilde Stuten einen Strunk zu ziehen.“ In einzelnen Teilen der Großen Ungarischen Tiefebene machten die Burschen unter dem Fenster des Mädchens mit Töpfen und Eisenstangen einen großen Lärm und riefen:

Fasching, Fastnacht sind schon aus,
Sitzenslieb die Maid im Haus.
Sind es zwei, treib alle beide
Mit den Kühen auf die Weide.

(Komitat Szabolcs)

Zu den vielen Verkleidungsspielen des Faschings zählen auch die Vertreibung des Bösen und der Erntezauber. Obstbäumen wird mit dem Beil angedroht, ausgehauen zu werden, wenn sie nicht genug Früchte tragen.


Berußen (Faschingsbrauch)
Moha, Kom. Fejér

Um die Wende vom Winter zum Frühling, im allgemeinen am Palmsonntag, vertreiben die Palotzen, eine Volksgruppe im Norden {G-689.} des Sprachraums, die kisze. Kisze ist eine kärgliche Fastenspeise: eine saure Obst- oder Kleiensuppe, deren man im Winter überdrüssig geworden ist und die man loswerden will. Die Mädchen putzen eine Strohpuppe mit den Kleidern einer im vorhergehenden Jahr verheirateten jungen Frau auf. Die Strohpuppe symbolisiert die kisze und wird unter Gesang bis zum nächsten Fluß, Bach oder Weiher getragen. Dort wird die Puppe entkleidet und ins Wasser geworfen. Je nachdem, wohin und wie das Wasser die Puppe fortschwemmt, werden Voraussagen gemacht, welches der anwesenden Mädchen heiraten wird. Ein Teil der Lieder erinnert an das Ende der Fastenzeit:

Kiszepuppe – weg!
Schinken rein und Speck!
Ist die Kiszepuppe raus,
Kommt der Schinken rein ins Haus.

Diese Margit Szabó
Kennt man überall.
Ihr Kleid für die Kiszepuppe
Paßt auf jeden Fall.

(Felsöszemeréd, ehem. Komitat Hont)


Maskerade zur Fastnacht
Moha, Kom. Fejér

Wehe der jungen Frau, die die Herausgabe ihrer Kleider für die Puppe verweigerte; sie wurde verspottet. Manche glaubten daran, mit der Kisze auch Krankheiten und den Nebel zu vertreiben. In anderen Gegenden hat man die Strohpuppe nicht ins Wasser geworfen, sondern verbrannt:

Brennt die Kisze, eiaho!
Lustig flammt das trockne Stroh.
Bläst der Wind den Rauch davon,
Scheint die Sonne wärmer schon,
Oben ist der Himmel blau,
Grün die Wiese, grün die Au.

(Ehem. Komitat Hont)


Mummenschanz zur Fastnacht
Moha, Kom. Fejér


Bekleidung der Kisze-Puppe, mit der der Winter ausgetrieben wird
Szandaváralja, Kom. Nógrád

Fortsetzung...
Mark Twain sagte einmal:
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Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 23:10:01

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Kocsis
Die Ostertage

Ein ganzer Kranz von Frühlingsfesten umgibt die Ostertage. Das Begießen der Mädchen und Frauen am Ostermontag durfte nicht versäumt werden. Früher vollführten es die Burschen aus Eimern am Brunnen, und wenn die Mädchen nicht von selber kamen, wurden sie mit Gewalt dorthin gebracht. Das Bespritzen mit Wasser zu Ostern gehört – wie auch anderes Brauchtum – zum Fruchtbarkeitszauber. In späterer Zeit bespritzten die Burschen die Mädchen aus Fläschchen mit Riechwasser und bekamen dafür farbige oder verzierte Eier. Dieser Brauch lebt auch heute noch in ungarischen Dörfern und Städten. Auch Gelegenheitsgedichte waren verbreitet, die je nach Zeit und Gegend wechselten:

Heut ist Ostermontag, seht ihr auf den Straßen
Mädchen, die sich gern von uns spritzen lassen.
Spritzen wir die Mädchen, auch das Elternpaar.
Rote Eier kriegen wir dafür ein Paar.
Gebt ihr sie paarweise, sagen wir euch Dank.
Gebt ihr uns nur eines, macht’s uns auch nicht krank.

(Kézdimárkosfalva, ehem. Komitat Háromszék)

Das Osterei, eines der allgemeinsten Symbole der Fruchtbarkeit, spielt auch am Ende der Osterwoche, am Weißen Sonntag, eine Rolle. An diesem Sonntag senden die Taufpaten ihren Patenkindern die Gevatterschüssel, und die kleineren Mädchen beschenken andere, die sie beehren und zur Freundin haben wollen. Diese Sitte hat sich am längsten in Westungarn und im Norden bei den Palotzen erhalten. So werden im Komitat Somogy eine Flasche Wein, einige rote Eier und Brezeln auf einen Teller gelegt, mit einem weißen oder farbigen Tuch zugedeckt und dem Gevatter gebracht. Die Mädchen, die diese Platte übergeben, sagen bei dieser Gelegenheit einen kurzen Vers auf:

Die Gevatterplatte hab ich in der Hand,
Mit dem weißen Tuch ich selber sie umwand.
Dem Gevatter bring ich diese kleine Gabe,
Daß Gevatter seine Freude daran habe.

(Komitat Somogy)

In Gyöngyös und Umgebung bekommen die Mädchen von ihren Liebhabern, die Burschen aber von ihren Mädchen Gevatterschüssel. Wenn das Geschenk angenommen wird, bedeutet dies gegenseitige Zuneigung.


Begießen der Mädchen zu Ostern
Acsa, Kom. Pest

Fortsetzung...
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 13.05.2009, 23:14:06

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Kocsis
Der erste Mai

gilt seit vielen Jahrhunderten als das Freudenfest des endgültig siegreichen Frühlings. Einer der schönsten Bräuche dieses Freudenfestes ist der europäische Brauch des Maibaumaufrichtens. Die Burschen gingen in den Wald und suchten einen schöngewachsenen, belaubten Baum aus. Diesen brachten sie ins Dorf und stellten ihn vor dem Fenster des Mädchens auf, dem einer ihrer Kameraden den Hof machte und so seine Absichten kundgab. An manchen Orten stellten die Burschen den Baum unverziert auf, während seine Ausschmückung Sache des Mädchens und seiner Mutter war. Wenn der Baum bereits auszutrocknen begann, wurde er „ausgetanzt“, das heißt ein kleineres Tanzvergnügen wurde veranstaltet. Seit langen Zeiten zogen am ersten Mai die Stadtbewohner in den Wald, wo sie sich bis zum Abend unterhielten. Später, von ungefähr 1890 an, wurde der {G-694.} 1. Mai auch in Ungarn immer mehr zu einem Fest der Arbeiterschaft, die diesen Tag mit Aufzügen, ferner mit Ausflügen und Maifeiern im Grünen begeht.


Der Maibaum wird aufgestellt
Mezökövesd

Fortsetzung.......
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
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8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Pfingsten

Der sommerliche Festzyklus beginnt zu Pfingsten.
Die Kinder feiern Pfingsten gerne durch Begrüßungsrundgänge:

Welches Fest ist heute, sag?
Heute ist der Pfingstsonntag.
Was ist morgen für ein Tag?
Morgen ist der Pfingstmontag!
András trägt den Strauß am Hut,
Denn er ist im Tanzen gut.
Zieh den Zaum von deinem Gaul,
Denn er beißt mit seinem Maul
Die Pfingstrosen ab.
Laß, daß diese Pfingstros’ lieber
Deine Pfingstbraut hab’.
Neigt die Rose sich heraus,
Pflückt die Braut sie ab.
Bindet sie in ihren Strauß.

(Szeged, Komitat Csongrád)

Außer der erwähnten Form der Wahl eines Pfingstkönigs und einer Pfingstkönigin gibt es auch eine Variante unter den Kinderspielen. Ein kleines Mädchen – die Pfingstkönigin – wird mit einem Tuch bedeckt, und die kleine Schar geht mit ihr in jedes Haus; dort wird das Tuch hochgehoben und die Königin mit diesem Vers gezeigt:

Rotes Pfingsten wieder hier,
Lieber Gott, hab Dank dafür.
Diese kleine Königin
Bringen überall wir hin.

(Gencsapáti, Komitat Vas)

Im Westen schließt sich an diese Sitte noch ein Fruchtbarkeitszauber an; das Mädchen wird hochgehoben, und die Kinder rufen: „So hoch soll euer Hanf wachsen.“ In Apáca, Siebenbürgen, wurde zu Pfingsten das Hahnenschießen abgehalten. Ursprünglich schossen die Burschen mit Pfeilen auf einen lebenden Hahn, später nur auf eine Schießscheibe. Die Schießerei dauerte so lange, bis einer ins Herz des Hahns oder ins Schwarze traf. Dazwischen wurden spöttische Klagelieder gesungen, und am Abend gab es einen Hahnenschmaus.


Umzug der Pfingstkönigin
Vitnyéd, Kom. Györ-Sopron

Fortsetzung .....
Mark Twain sagte einmal:
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Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 15.05.2009, 15:31:34

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Das Johannis- oder Sonnwendfeuer

Von den sommerlichen Bräuchen ist der bedeutendste das Johannis-
oder Sonnwendfeuer. Am Johannistag, dem 24. Juni, steht die Sonne
am höchsten, ist die Nacht am kürzesten und der Tag am längsten.
Die Verehrung des heiligen Johannes des Täufers entwickelte sich
in der katholischen Kirche im 5. Jahrhundert und wurde auf den
24. Juni verlegt. Natürlich wurde die Sommersonnenwende in
irgendeiner Form bei allen Völkern gefeiert, so war sie bei den
Ungarn vielleicht schon in der früheren Heimat üblich.

Der arabische Geschichtsschreiber Ibn Rusta berichtet zwar über
die Feuerverehrung bei den Ungarn, doch besitzen wir noch keine
Angaben darüber, ob diese Verehrung mit dem 24. Juni im
Zusammenhang gestanden hat. Sicherlich lag der Nachdruck im
Mittelalter auf dem Kirchenfest, während vom 16. Jahrhundert an
die Quellen von einem Volksbrauch sprechen. Das wesentlichste
Moment des Brauches ist das Anzünden des Feuers:

Zünden wir ein Feuer an,
Machen draus ein Viereck dann:
Schöne alte Männer sitzen an einem Eck,
Schöne alte Frauen sitzen am andern Eck,
Schöne junge Burschen sitzen am dritten Eck,
Schöne junge Mädchen sitzen am vierten Eck.

(Kolony, ehem. Komitat Nyitra)

Am längsten und am vollständigsten hat sich der Brauch im
nordwestlichen Teil des Sprachraums erhalten. Dort wurden
noch in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Johannisfeuer
entzündet. Aus der Trennung der Geschlechter glaubte man
darauf schließen zu können, daß diese Gruppen abwechselnd
sangen, doch gibt es wenig Anhaltspunkte, die diese Annahme
zu unterstützen vermögen. Wenn das Feuer brannte, sprang
man darüber. Diese Sitte wird schon im 16. Jahrhundert erwähnt,
aber im Anschluß an eine Hochzeitsfeier, obwohl ausdrücklich von
Johannisfeuer gesprochen wird. Das Überspringen des Feuers
hatte den Zweck der Reinigung, aber es knüpfte sich daran
auch der Glaube, daß Mädchen, die fehlerlos springen,
zum nächsten Fasching einen Mann finden:

Komm, wir legen Feuer, Feuer macht uns warm.
Wärmer wird’s, umschlingst du mich mit deinem Arm.
Bin gekommen, bin gegangen, bis ich fand zu dir,
Aufgepaßt, mein Engel, hopp! so springen wir!

Liebste, komm und leg nach, daß es Funken schlägt.
Hab den Pelz für dich und mich ins Gras gelegt.
Bin gekommen, bin gegangen, bis ich fand zu dir,
Komm, Geliebter, komm und wärme dich bei mir.

(Tild, ehem. Komitat Bars)

Das Johannisfeuer und der Sprung durch die Flammen hatten
entschieden etwas mit dem Zusammenbringen der Paare zu tun,
ähnlich wie die Bräuche der Wintersonnwendfeier und deren
Spiegelung in der Volksdichtung.


Sprung über das Feuer in der Johannisnacht
Kazár, Kom. Nógrád

Fortsetzung...
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icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 15.05.2009, 15:36:25

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Herbstbräuche und Weihnachtsfestzyklus

Unter den Herbstbräuchen ragen in erster Linie die mit der Landwirtschaft
verbundenen hervor, und die Vielfalt der Arbeiten dürfte der Grund dafür
sein, daß zur Ernte- und Lesezeit andere Bräuche in den Hintergrund treten.

Einer der reichsten Festzyklen knüpft sich an die Weihnachtszeit. Hier
muß erwähnt werden, daß die kirchlichen Feste mit heidnischen
Überlieferungen der Sonnwendfeier verschmolzen sind, aber auch
jüngeres bäuerliches Brauchtum mit hineinspielt. Die religiösen Bräuche
des ungarischen Volkes und die Feste des Kirchenjahres können in
ihrem Wesen ohne diese Mischung gar nicht verstanden werden,
wobei es sich jedoch nicht in allen Fällen um das Weiterleben
heidnischer Überlieferungen handelt.

Soviel ist sicher, daß die den Bauern so wichtigen Jahreswenden –
die Sonnwendgebräuche des Winters, des Frühjahrs, des Sommers
und des Herbstes – mit ihren Traditionen und Glaubenselementen
in die des Kirchenjahres übergegangen sind. Getreu ihren
jahrtausendealten, an vielen Völkern erprobten Methoden,
hat die Kirche einige dieser Bräuche geradezu geheiligt,
während sie andere – in Kenntnis ihrer wichtigen Rolle im
Leben des Volkes – stillschweigend duldete. So kann man
zwischen den Festbräuchen des Volkes und den Elementen
des religiösen Glaubens ein friedliches Zusammenleben in
verschiedenster Schichtung feststellen. Uralte heidnische
Vorstellungen, jüngerer bäuerlicher Volksglaube, germanische
und slawische Einflüsse und vor allem das unter christlichem
Einfluß verbreitete Brauchtum: das alles findet sich in den
volkstümlichen Weihnachtsbräuchen und -festlichkeiten.

Der Weihnachtsfestzyklus beginnt mit dem Advent, dessen
erster Tag mit dem auf den Andreastag (30. November) folgenden
Sonntag zusammenfällt. An manchen Orten wurde der Beginn
des Advents durch Läuten der Glocken um Mitternacht angekündigt,
und von da ab war jede geräuschvolle Vergnügung mit Musik verboten.
Mädchen und Frauen gingen in schwarzen, zumindest aber in dunklen
Kleidern in die Kirche.

Fortsetzung...........
Mark Twain sagte einmal:
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8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Die Nikolausfeier (6. Dezember)

gehört in Ungarn zu den neueren Volksbräuchen. Die Sitte, die Kinder zu
Nikolaus zu beschenken, ist in den ungarischen Dörfern erst im letzten
Jahrhundert aufgekommen. Auch die Spiele dieses Tages mit Verkleidung
und Vermummung sind aus dem Westen übernommen worden, doch
scheinen sie älter zu sein als die Sitte des Beschenkens.

So wurden 1785 in Csepreg (Komitat Vas) bereits die Maskeraden
verboten: „Nachdem es seit uralten Zeiten beobachtet wurde,
daß einige Einwohner am Vorabend des Nikolaustages in den Abend-
und Nachtstunden in verschiedenen Verkleidungen und Masken von
Haus zu Haus gehen und die schwachen Kinder durch sinnlose,
schreckhafte und häßliche Figuren schrecken, wird strengstens
angeordnet, daß keiner unserer Einwohner es in der Zukunft
seinen Kindern oder seinen Untergebenen erlaube, am Vorabend
des hl. Nikolaustages in solchen farbigen Gewändern herumzugehen.“

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Kocsis
Der Luzientag (13. Dezember)

war vor der gregorianischen Kalenderreform der kürzeste Tag des Jahres,
und dies ist der Grund, warum die ungarischen Bauern an vielen Orten
bis heute von diesem Tag an das Längerwerden der Tage rechneten.
An diesem Tag arbeiteten die Frauen nicht, und die Männer begannen
den Luzienstuhl zu zimmern, dessen einzelne Teile aus jeweils anderem
Holz bestanden, die dann an einem Tag zusammengefügt wurden,
so daß der Stuhl gerade zur weihnachtlichen Mitternachtsmesse fertig
wurde.

Noch heutigentags ist in Ungarn, wenn irgendein Gegenstand
besonders langsam fertiggestellt wird, die Redensart gebräuchlich:
Wird wie der Luzienstuhl gemacht.


Wer sich bei der Mitternachtsmesse daraufsetzte, konnte in der Kirche
die Hexen mit den großen Hörnern sehen, mußte dann aber sofort nach
Hause laufen, denn wenn ihn die Hexen erkannten, rissen sie ihn in
Stücke. Über die Glaubenswelt des Luzientages und die Vorgeschichte
des Luzienstuhls, über seine internationalen Zusammenhänge und
seine ethno-psychologische Bedeutung hat Géza Roheim eine seiner
ersten großangelegten Monographien geschrieben. – In Westungarn
gehen die Kinder von Haus zu Haus und bezaubern mit ihren Sprüchen
die Hennen, das ganze Jahr fleißig Eier zu legen. Die Glückwünsche für
das ganze Haus werden in dürftigen Reimen ausgedrückt

Gluck, gluck, gack, gack, Luzia!
Gluck, gluck, piep, piep, Kikeriki!
Soviel Hühner sollt ihr haben,
Wie am Himmel Sterne sind,
Soviel Geld und Weizen haben,
Wie im Feld Grashalme sind,
Lange Würste sollt ihr haben,
Wie die Straßen lang hier sind,
Von Speckseiten solche haben,
Wie die Tore groß hier sind,
Apotheke, Doktor laßt abkratzen.
Eu’r Vieh von Fett soll platzen,
Hausfrau acht auf jeden Batzen.
Gluck, gluck, gack, gack, Luzia,
Kikeriki

Fortsetzung......
Mark Twain sagte einmal:
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Kocsis
Die Krippenspieler


Krippenspieler
Szakmár, Kom. Bács-Kiskun

Die Obdachsuche ist eine in neuerer Zeit verbreitete religiöse Sitte. Neun Familien tun sich zusammen und tragen ab dem 15. Dezember an das Bild der Heiligen Familie jeden Tag irgendwo anders hin. Vor dem Bild wird gebetet und gesungen. Dann wird eine ärmere Familie beschenkt, als ob man die Heilige Familie beschenkt hätte.

Das bekannteste Weihnachtsspiel ist der Bethlehemgang oder das Krippenspiel, das in der jüngsten Vergangenheit im ganzen ungarischen Sprachraum – auch in den Städten – bekannt war. Über kirchliche Mysterienspiele gibt es Aufzeichnungen bereits aus dem 11. Jahrhundert; später wurden diese Spiele aus den Kirchen verdrängt und im 17./18. Jahrhundert in Schulen und religiösen Vereinen aufgeführt. Allgemein wurde dieses Brauchspiel anscheinend erst im vorigen Jahrhundert, wenigstens in der Form und unter dem Namen, wie es bis heute bekannt ist.

Das Krippenspiel wurde im allgemeinen von jungen Burschen zwischen 16 und 18 Jahren aufgeführt; nur bei den Matyó nahmen auch Mädchen teil, und eine ältere Frau trug die „Krippe“ in Form einer Kirche, die innen wie ein Stall eingerichtet war. Der Truppe voran geht der Läufer, der Einlaß heischt; in Torda, Siebenbürgen, geschieht dies mit folgenden Worten:

Jesus Christ sei gebenedeit,
Heut feiert die ganze Christenheit.
Ein Trauergewand trägt heute nur
Der Tempel der Natur.
Die Hirten brachten uns die Mär
Aus Bethlehem, lang ist es her,
Daß der Erlöser wird kommen,
Dem ganzen Volke zum Frommen.
Hauswirt und Hausfrau, meine werten,
Vorm Tore warten die Gefährten!
Was wird wohl eure Antwort sein?
Laßt ihr in dieses Haus uns ein?

Auf die bejahende Antwort kommen die Mitspieler einer nach dem anderen herein. Zwei Engel bringen die Kirche von Bethlehem, ihnen folgen König Herodes, der Vater Joseph, dann zwei oder drei Hirten, die sich vor die Krippe legen und erst, wenn jedermann seinen Platz eingenommen hat, aufwachen, sich umsehen und ihren Vers beginnen, der je nach der Gegend verschieden ist:

Auf ihr Hirten, stehet auf,
Eilen wir in schnellem Lauf!
Bethlehem, so heißt der Ort,
Suchen einen Stall wir dort!
Seht den Stall, klopft an die Tür,
Herr, da liegen wir vor dir!
Seht den armen Kleinen,
Muß vor Kälte weinen,
Hat kein Polster, hat kein Bett,
Krippe seine Lagerstätt’.
Ochs und Esel stehn dabei.
Daß er nicht erfriere,
Macht der Hauch der Tiere.
(Pásztó, Komitat Heves)

Nach dieser Einleitung folgt im allgemeinen eine kurze Erzählung, wie Jesus geboren wurde; dann erzählt Joseph, wie er umsonst versucht habe, ein Obdach zu finden, und endlich bringen die Hirten dem kleinen Jesus ihre Huldigung dar. Dann folgt der komische Teil, der Wettstreit und Zank der Hirten, und nach erfolgter Bewirtung singen die Krippenspieler zusammen den Segen:

Guter Bauer, habe Dank
Für die Speise, für den Trank,
Bleibt gesund, seid niemals krank –
Laßt uns ziehn den Weg entlang.

(Tiszakarád, Komitat Zemplén)


Krippenspieler
Kéty, Kom. Tolna

Natürlich kommen hiervon zahlreiche andere Varianten vor, besonders, wenn wir auch die Puppenkrippenspiele in Betracht ziehen, die in ihrer ältesten Form im nordöstlichen und westlichen Teil des Sprachraums aufgezeichnet worden sind. So gibt es in Szatmárcseke {G-702.} siebenerlei Puppen: zwei alte Schäfer, zwei Hirtenknaben, zwei Engel, den König Herodes, den Teufel, den Tod und Klein Nikolaus, den Einheber des Kerzengeldes. Die Handlung und die Gesänge sind ähnlich wie bei anderen Krippenspielen, doch werden die Puppen auf einer besonderen kirchenartigen Bühne mit Turm von einem einzigen Kind bewegt. Zum Abschluß erscheint der Einheber des Kerzengeldes auf der Bühne und spricht den folgenden Vers

Diese Kupferbüchse hat jetzt Appetit,
Geb den Hungrigen jeder etwas mit.
Denn wer ehdem arm gewesen,
Reich ist nunmehr jedes Wesen,
Weil das Christkind ward geboren.

(Szatmárcseke, Komitat Szatmár)


Puppenkrippenspiel.
Lengyeltóti, Kom. Somogy, Anfang 20. Jahrhundert

Die Krippenspieler beginnen im Advent rechtzeitig ihre Requisiten anzufertigen und die Gedichte und Lieder auswendig zu lernen. Vor Weihnachten ziehen sie oft zehn Tage lang im Dorf herum, und einzelne Gruppen suchen sogar die benachbarten Dörfer auf.


Figuren für das Puppenkirchenspiel.
Lengyeltóti, Kom. Somogy, Anfang 20. Jahrhundert

Fortsetzung ...........
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
Blasius
icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 15.05.2009, 16:06:24

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Kocsis
Tag des hl. Stephan

An den zweiten Weihnachtsfeiertag, den Tag des hl. Stephan, knüpft sich einer der ältesten ungarischen Bräuche, das regelés oder regölés. Die Sprachwissenschaft hat festgestellt, daß im Mittelalter die Festlichkeiten am königlichen Hofe oder bei den Magnaten reg hießen; bei solchen Anlässen traten regösök = Spielleute zur Unterhaltung der Herrschaften auf.

Das Wort selbst soll mit der Verzückung (révülés) des Schamanen zusammenhängen, reicht also wahrscheinlich bis in die Zeit vor der Landnahme zurück, während die Sache andererseits im Zusammenhang mit verschiedenen europäischen Brauchtumsspielen steht. Hauptsächlicher Zweck der Gesänge, Lieder und Scherze der mittelalterlichen Spielleute war die Unterhaltung, doch wurden oft auch gesellschaftliche Mißstände zur Sprache gebracht, die sonst nicht zur Kenntnis der führenden Schichten des Landes oder der Gegend gekommen wären.


Topftrompete.
Instrument der Regös-Sänger.
Jákfa, Kom. Vas, erste Hälfte 20. Jahrhundert

Daß dieses regölés an einen gewissen Zeitpunkt gebunden war, dürfte auch im Volk bekannt gewesen sein. In einer Mitteilung über Siebenbürgen aus dem Jahre 1552 liest man: „Nach dem Tage der Geburt unseres Herrn Jesus Christus folgt das große Fest des Teufels, die regölö Woche … Trinkgelage und Schauspielereien wollen kein Ende nehmen.“


Regös-Sänger.
Alsóhát, Kom. Zala, Anfang 20. Jahrhundert

Der Brauch der Regös-Spiele war in Westungarn, vornehmlich in dessen westlichem Teil, sowie in einzelnen Teilen des siebenbürgischen Szeklerlandes im vorigen Jahrhundert noch in etwa zweihundert Gemeinden lebendig. Kinder und junge Burschen zogen meist in Tierfelle gekleidet durch das Dorf; sie gaben sich Tiernamen, nannten sich Stier, Schwein usw.

Um Schrecken einzuflößen, rasselten sie mit den an ihren Stöcken befestigten Ketten und suchten mit Topftrompeten (Töpfen, über die eine Haut gezogen worden war) und auf jede erdenkliche Weise so viel Lärm wie möglich zu machen. Von Haus zu Haus ziehend, kehrten sie mit Worten wie den folgenden ein: „Hier sind wir, Diener des heiligen Stephan, wir kommen aus fernem Land, aus Kälte und Schnee, einem ist das Ohr erfroren, einem anderen der Fuß, aus Euren Gaben wollen wir sie heilen lassen. Sollen wir den Mund aufmachen oder halten?“ Wenn sie vom Herrn des Hauses die Erlaubnis bekamen, begannen sie einen Gesang, der reich an archaischen mythischen Bezügen war, die allerdings auch bei anderen Völkern ihre Entsprechungen haben. Ein Teil dieser Gesänge geht nach der Einleitung in einen Reichtumszauber über. Jedem Bewohner des Hauses wird der Reihe nach Glück gewünscht:

Seht, was hier entstanden,
Einen Wundersee.
Wundertätige Hirsche
Wohnen in der Näh’.
Auf den Sprossenspitzen,
Tausend Kerzen sitzen,
Angezündet, brennet fein,
Eingeschläfert, schlafet ein,
In dem neuen Jahre!

Laß der Herrgott diesem Bauern
Hundert Scheffel Weizen wachsen
Auf einem Joch Landes!
Regi rejtem, regi rejtem!
Hei, regü rejtem
Und der Herr im Himmel droben
Sei auch diesem Wunsch gewogen.

Gott soll, gute Frau, dich hüten,
Deine Glucke hundert Küken brüten!
Regi rejtem, regi rejtem,
Hei, regü rejtem!
Und der Herr im Himmel oben
Sei auch diesem Wunsch gewogen.

(Nyögér, Komitat Vas)


Stab mit Kette.
Gerät der Regös-Sänger.
Göcsej, Kom. Zala, um 1930

Die sich wiederholenden Worte: Regi, regö rejtem und ähnliche besitzen eine geheimnisvolle Bedeutung; in den Sprüchen sollen sie wohl als Zauberworte (Abrakadabra) wirken.

Im zweiten Teil kommen die Burschen und die Mädchen an die Reihe. Sie werden als Paare besungen, wobei die so Verbundenen gemäß dem Volksglauben nach dem nächsten Fasching heiraten werden.

Wer kennt hier ein Mädchen,
Welches Jultscha heißt?
Wer kennt einen Burschen,
Welcher Pischta heißt?
Gott mög’ sie bewahren,
Führen sie zu Paaren.
Hinten in dem Garten
Soll sie ihn erwarten,
Drück sie auf die Kissen,
Keiner braucht’s zu wissen.
Laß sie quietschen, lachen,
Wie’s die Ferkel machen,
Aber noch viel stärker.
Hei, regö, rejtő.
Wenn es Gott läßt werden,
Wird es so auf Erden.

(Miháld, Komitat Somogy)

Nach dem Gesang kommt in der Regel eine Stiermaske hereingelaufen, die Kinder und Mädchen erschrecken läßt. Dann bitten die Regös-Sänger um den Lohn für ihren Gesang. Eine der am frühesten aufgezeichneten Varianten aus Westungarn lautet so:

Wenn ins Bett sich legt der Wirt,
Nimmt er seinen Beutel mit.
Hundert Gulden sind darin,
Fünfzig für die armen Sänger,
Fünfzig bleiben für ihn selber.
Nesselfaser unser Mantel,
Eichenrinde unser Schuhwerk.
Müssen wir von hier hinaus,
Gleiten auf dem Schnee wir aus.

In den verschiedenen Varianten werden häufig Bundschuhe (Opanken) aus Eichen- oder Birkenrinde erwähnt, und oft nennen sich die Regös-Sänger Diener des heiligen Stephan. All dies weist ohne Zweifel auf das große Alter dieser Brauchtumsspiele hin. Im Szeklerland gingen nicht nur die Burschen, sondern auch verheiratete Männer zum regölés, jedoch getrennt von diesen. Im allgemeinen sangen sie ihre Lieder nicht in Häusern mit heiratsfähigen Mädchen, sondern bei Jungverheirateten Paaren. Zu Ende jeder Zeile wird der inhaltlich ebenfalls nicht befriedigend erklärbare Refrain „De hó reme róma“ gesungen

Still der Wald, es fällt der Schnee,
Ringsum spielen Fuchs und Reh.
Meinen Weg ins Dorf ich fand,
Bis zu Sándors Haus am Rand.
Ist ein Haus gebaut aus Stein,
In die Stube schau ich rein.

Liegt im Bett der Bauer drin,
Neben ihm die Bäuerin,
In der Mitte liegt das Kind.
„Steh auf, Vater“, ruft es „gschwind!
Mutter geh, schließ auf die Tür,
Horch, die Sänger sind schon hier!“

(Kénos, ehem. Komitat Udvarhely)

Die Siebenbürger Varianten unterscheiden sich auch dadurch, daß sie keinen Hirsch, sondern einen „roten Ochsen“ erwähnen. Es handelt sich hier also um eine Maskerade, in deren Mittelpunkt der Stier oder der Ochse gestanden haben dürfte. Die ungarische Volkskunde hat sich viel mit dem Brauch und den Versen des regölés beschäftigt, ohne bisher zu einer befriedigenden, endgültigen Deutung gelangt zu sein.

Fortsetzung ...
- Editiert von forummano am 15.05.2009, 16:16 -
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icon01.gif Ungarische Bräuche des Kalenderjahres - 15.05.2009, 16:11:17

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Kocsis
Tag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember)
+ Stephan und Johannes


Das Auspeitschen am Tag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) gehört zu den alten Bräuchen kirchlichen Ursprungs, kann aber in Spuren bis ins Altertum zurückverfolgt werden. An diesem Tag wurden die Kinder mit Ruten geschlagen, zum Andenken daran, daß König Herodes die Kinder zu Bethlehem töten ließ.

In einer Aufzeichnung des 18. Jahrhunderts aus Siebenbürgen liest man: „An diesem Tag schlagen die Väter und andere die kleinen Kinder mit Ruten, zum Andenken dessen, daß Kinder für Christus gelitten haben und sie auch im weltlichen Leben leiden müssen.“ Aber auch solche Kinder wurden geschlagen, die man zu fleißigerer Arbeit anspornen wollte. In anderen Fällen suchte man Krankheiten und Geschwüre zu vertreiben, unter anderen mit dem folgenden Reimspruch:

Sei folgsam und brav,
Schickt man hinauf dich, runter geh,
Schickt man dich runter, aufwärts geh,
Schickt man nach Wasser dich, hole Wein,
Und wenn nach Wein, bring Wasser herein.
Bleibe frisch, gesund, von Eiterbeulen frei!

(Zalaistvánd, Komitat Zala)

Von den an einen bestimmten Zeitpunkt des Jahres gebundenen Bräuchen haben wir nur die wichtigsten erwähnt. Hierher gehören noch die im ganzen Lande gefeierten Namenstage. Die wichtigsten unter ihnen sind eben die, die mit der Weihnachtsfeier zusammenhängen: Stephan und Johannes. Kinder besuchen der Reihe nach die Häuser, sagen ihre Reime auf und erwarten, daß man sie beschenkt. Unter den Versen gibt es viele, die nicht ganz volkstümlichen Ursprungs, sondern eher von Kantoren verfaßt sind, doch finden sich darunter auch wirklich wertvolle:

Auf, ihr lieben Leute, denn es naht der Tag,
Der auf goldnen Engelsflügeln kommen mag.
Jeder schwanke Grashalm schmückt und hält sich fein,
Hüllt in Duft von Rosen, Lilien sich ein.

Soviel Wassertropfen sind im großen Meer,
Gräser auf den Wiesen oder noch viel mehr,
Sovielmal gesegnet sei der Sankt Johann.
Das ist, was von Herzen ich nur wünschen kann.

(Nagyszalonta, ehem. Komitat Bihar)

ENDE http://mek.niif.hu/02700/02791/html/172.html
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