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balaton-service.info - Das Forum für Ungarn / Sehenswertes, Kultur, Kneipenführer / K u l t u r / Der ungarische Volksaufstand im Oktober 1956
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Blasius
icon01.gif Der ungarische Volksaufstand im Oktober 1956 - 10.06.2009, 20:24:22

8711 Posts - Magyar Vagyok
Kocsis
Der ungarische Volksaufstand im Oktober 1956

Tabus der ungarischen Geschichte


Selbstverständlich wurde 1989 auch das Schweigen über den Volksaufstand im Oktober 1956 gebrochen. In diesem Fall entsprach die Beseitigung des Tabus einem massiven Wunsch in der ungarischen Bevölkerung, die „historische Wahrheit“ ans Licht zu bringen.

Die ungarischen Historiker wurden in ihrer Arbeit von der neuen Regierung unterstützt, die ihnen alle Archive öffnete. Es wurde sogar ein eigenes Institut zur Erforschung des Aufstandes gegründet. Die schnelle Aufklärungsarbeit der Historiker wurde nicht zuletzt durch Dokumente aus sowjetischen Archiven ermöglicht: dank dem so genannten „Jelzin-Dossier“ konnte endlich die wahre Chronologie der Ereignisse nachvollzogen und nachgewiesen werden, dass die Sowjetunion bereits am 30. Oktober die Entsendung von Truppen nach Ungarn beschlossen hatte.

Carole TréborAnders als beim Thema der Juden entsprach das Schweigen über die Geschehnisse im Oktober 1956 allein dem politischen Willen des Regimes. Die politischen Führer, die die Revolte niedergeschlagen hatten (z. B. János Kádár der, wie Catherine Horel erinnert, ursprünglich dem Lager der Rebellen angehörte), drohten mit der Bestrafung derer, die über den Aufstand sprachen. Jahrzehntelang schwiegen die Ungarn daher aus Angst vor Repressalien.

Hinzu kam, dass ca. 200.000 am Aufstand beteiligte Personen ins Ausland emigrierten. Das Schweigen über Oktober 1956 war total. Auch diejenigen, die teils unter Zwang, teils freiwillig an der Niederschlagung der Revolte beteiligt waren, sprachen oft nicht über ihre Rolle: Als Catherine Horel im Budapester „Terrorhaus“ den Film über den Prozess gegen die Aufstandsführer sah, stellte sie zu ihrer großen Überraschung fest, dass einer ihrer Cousins unter den Richtern war, was bisher niemand in der Familie gewusst hatte. Und es ist leicht vorstellbar, dass auch in zahlreichen anderen Familien das Tabu bis in die Familiengeschichte hineinwirkte. .

In den Jahren des Schweigens war natürlich auch in den Schulbüchern nicht die Rede vom Volksaufstand 1956, den die Historiker als „faschistische Konterrevolution“ bezeichneten. Nach der Amnestie von 1964 wurden die Ereignisse zwar erwähnt, aber nicht analysiert.

Dennoch – so Catherine Horel – gerieten die Geschehnisse nicht in Vergessenheit, und in den Familien wurde getuschelt. Die Familien der Opfer versuchten, die Wahrheit ans Licht zu bringen. In Budapest wusste jeder, wo die Leichen der 300 hingerichteten Personen begraben waren. Bereits Ende der 1980-er Jahre, also noch vor dem Fall des Kommunismus, versammelten sich Angehörige von Opfern an diesem Ort und gründeten das „Komitee für Historische Gerechtigkeit“. Sie forderten die Anerkennung und würdige Beisetzung der Opfer.

Bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Systems 1989 wurden die Versammlungen des Komitees stets von der Polizei auseinander getrieben. Doch bereits im Januar 1989 wurde das Massengrab der 300 hingerichteten Aufständischen im Fernsehen gezeigt. Diese Bilder wirkten sehr stark auf die ungarische Bevölkerung und verstärkten noch den Wunsch nach Aufdeckung der „historischen Wahrheit“.

Die Rolle der Medien
Seit 1989 spielen die ungarischen Medien eine wichtige Rolle bei der geschichtlichen Aufklärung der Öffentlichkeit. Ihr Einfluss ist umso stärker, als die Aufhebung der Tabus oft geradezu die Form von „Staatsakten“ annimmt. An dieser Ritualisierung zeigt sich einerseits der Wille der Regierung, die Aufdeckung der „historischen Wahrheit“ zu fördern, und andererseits das ausgeprägte Geschichtsbewusstsein der Ungarn. Hunderttausende nehmen an großen Zeremonien mit Symbolcharakter wie feierlichen Neubestattungen, offiziellen Begräbnissen und Denkmalsenthüllungen teil.

Im Juni 1989 organisierte die Regierung die offizielle Beisetzung des 1957 hingerichteten Anführers des Aufstands von 1956, Imre Nagy. Die aufwändig in Szene gesetzte Zeremonie wurde im Fernsehen übertragen. Catherine Horel hebt gern die – von ihr positiv bewertete - „patriotische“ Bedeutung des ungarischen Staatsfernsehens hervor.

http://www.arte.tv/de/geschichte-gesellschaft/geschichte/Tabus-der-Geschichte/1351222.html
Mark Twain sagte einmal:
"Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht."
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