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balaton-service.info - Das Forum für Ungarn / Sehenswertes, Kultur, Kneipenführer / K u l t u r / Ungarische Lyrik:MIKLÓS RADNÓTI - SIEBENTE EKLOGE | ||||
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Ungarische Lyrik:MIKLÓS RADNÓTI - SIEBENTE EKLOGE - 08.11.2009, 20:51:30 | ||||
8711 Posts - Magyar Vagyok Kocsis | MIKLÓS RADNÓTI (1909-1944) SIEBENTE EKLOGE Siehst du, der Abend naht, und der Stacheldraht rings und der wilde Eichzaun und die Baracke, sie schweben hinein in sein Dämmern. Langsam löst sich der Blick von unsrer Gefangenschaft Rahmen, und der Verstand nur allein weiss noch um die Ladung des Drahtes. Sieh, auch die Phantasie gewinnt hier nur so ihre Freiheit, unsern gebrochenen Leib löst der Schlaf, der schöne Befreier, und das Gefangenenlager schwebt nun, da die Nacht naht, nach Hause. Schnarchend, in Lumpen gehüllt und kahl fliegt von Serbiens blinder Höhe der Häftlinge Schar in die Heimat, die schweigend geduckte. Schweigend geduckte Heimat! Oh, gibt es denn noch ein Zuhause? Wurde es nicht schon zerbombt? Und ist's so noch, wie einst wir's verliessen? Und ob, wer rechts von mir stöhnt und links hingestreckt liegt, einst wohl heimkehrt? Sag, gibt's dort noch einen Ort, wo man den Hexameter verstehn kann? Ungefähr, ohne Sicht, nur Zeile um Zeile abtastend, schreibe ich hier in der Dämmerung Verse, schreib so, wie ich lebe, wie ein Regenwurm blind den glatten Papiergrund befühlend. Taschenlampe und Bücher nahmen die Wächter des Lagers, und statt der Post, der ersehnten, dringt Nebel in unsre Baracke. Unter Gerücht- und Gewürmen leben hier Polen, Franzosen, Römer, verträumte Bergjuden, separatistische Serben, Stücke nur fiebernden Leibs und dennoch ein Leben hier lebend, wartend auf frohe Botschaft, aufs Wort einer Frau, auf die Freiheit, auf das in dichte Dämmerung stürzende Ende, auf Wunder. Bettenlos lieg ich, gefangenes Tier zwischen Würmern; der Flöhe Ansturm hebt neu wieder an, da die Heere der Fliegen nun ruhen. Sieh, es ist Abend, Geliebte: ein Tag der Gefangenschaft weniger und ein Lebenstag auch. Das Lager schläft. Auf die Landschaft scheint nun der Mond und macht den Stacheldraht wieder erglänzen, und man sieht durch das Fenster die Schatten bewaffneter Wächter an die kalkige Wand projiziert unter nächtlichen Stimmen. Siehst du, Geliebte, das Lager schläft, und es rauschen die Träume, einer, aufgeweckt, schnauft, dreht sich um auf dem engen Fleck und schon schläft er wieder, und sein Gesicht strahlt. Nur ich allein wache, schmeckend den halb aufgerauchten Stummel im Munde anstelle deines Kusses Geschmack, und es naht mir der Schlaf nicht, der milde, denn nicht sterben, nicht leben kann ich nunmehr ohne Dich. (Nachdichtung: Franz Fühmann) Mark Twain sagte einmal: "Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht." |
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