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balaton-service.info - Das Forum für Ungarn / Sehenswertes, Kultur, Kneipenführer / K u l t u r / 150 Jahre PesterLLoyd
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icon01.gif 150 Jahre PesterLLoyd - 16.01.2008, 11:53:48

816 Posts - Einbürgerungswilliger
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Pester Lloyd / Verlag / Chronik


Gegründet 1854





1. Teil bis 1945 / 2. Teil ab 1994


EINE ZEIT- UND ZEITUNGSGESCHICHTE


1848 – 1849

Am 15. März beginnt die nationale Revolution in Pest - in den Aprilgesetzen ringt sich König Ferdinand V. zur Abschaffung der Leibeigenschaft durch – in Pest bildet sich eine ungarische Regierung – Lajos Kossuth gibt die “Pester Zeitung” in deutscher Sprache als offizielles Revolutionsblatt heraus – ab September Unabhängigkeitskrieg gegen Österreich – König Ferdinand dankt ab, Franz Joseph I. wird König – Ungarische Nationalversammlung weicht nach Debrecen, Präsidentengouverneur Kossuth proklamiert die Unabhängigkeit und die Absetzung des Hauses Habsburg – 1849 rückt die russische Armee nach Ungarn vor – Kapitulation in Világos am 13. August – Kossuth flüchtet ins Exil – Bürgerrechte und Pressefreiheit sind wieder abgeschafft.

1853

Unter den verschärften Vorschriften der Zensurbehörde des Minister-Barons Bach erhält die kürzlich gegründete Pester Lloyd Gesellschaft die Genehmigung zur Herausgabe einer Zeitung, am 11. Dezember erscheint das Probeblatt in einer Auflage von 5.000 Exemplaren. Verantwortlich sind: Johann Weiß und Samuel Rothfeld.



1854

Am 1. Januar erscheint die Nr. 1 des PESTER LLOYD. Schriftleiter, also Chefredakteur wird Karl Weiszkircher (bis 1867). Von Beginn an stehen Börsenkurse, Handelsberichte und innen- wie außenpolitische Geschehnisse im Mittelpunkt der Berichterstattung. Auch das Feuilleton hat sofort seinen festen Platz auf den vorderen Das Probeblatt des PL 1853

Seiten.



1857
Kaiser Franz Josef I. besucht Budapest
Das Kaffeehaus Kugler wird eröffnet (ab 1884 Gerbaud)

1859
Die Synagoge in der Dohány utca wird eröffnet



Todesanzeige für István Széchenyi, 1860

1860
Ungarisch wird als Schulsprache in Pest und Buda eingeführt

1863
Richard Wagner besucht zum ersten Mal Pest. PL berichtet ausführlich und freundlich über den Besuch. Unter Schmerling (Nachfolger des Baron Bach) gerät die Redaktion immer wieder mit der Zensur in Konflikte.

1864
Im Lloyd-Palast am heutigen Roosvelt tér wird die
Budapester Börse eröffnet.

1866

Österreich unterliegt den Preußen in der Schlacht bei Königgrätz. Unter Ferenc Deák wird im Parlament und mit den Österreichern über eine Wiederherstellung der konstitutionellen Rechte verhandelt, ein Ungarisches Ministerium gefordert.

Der Zoologische Garten und die erste Pferderennbahn in Budapest werden eröffnet

Im PL erscheint der erste Abdruck eines Werkes von Jules Verne in deutscher Sprache (“Reise zum Mond”). Der große Romancier Maurus Jókai lancierte diesen Autoren und meldet sich auch selbst regelmäßig zu Wort. In den folgenden Jahren werden mehr als ein Dutzend seiner Roman im PL als deutschsprachige Erstausgaben vorabgedruckt.



Der erste Jules Verne Abdruck in deutscher Sprache, PL, 1866




1867

Der Ausgleich: Nach Zugeständnissen in einigen gesellschaftlichen Bereichen unterwirft sich Ungarn nun wieder offiziell dem Hause Habsburg, die “Doppelmonarchie” entsteht. Kossuth protestiert dagegen aus dem Exil. Graf Gyula Andrássy wird erster Ministerpräsident Ungarns. Mehrere liberalere Gesetze werden erlassen und Kompromisse mit den Nachbarn gesucht.

Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth werden in der Budaer Burg zum Ungarischen Königspaar gekrönt. Danach nehmen sie auf dem Balkon des Lloyd-Palastes die Huldigungen der Stände der Stadt Pest entgegen.

Im Dezember 1867 übernimmt Max Falk (Abb.) die Chefredaktion des Blattes (bis 1906), unter anderem auf Betreiben von Graf Julius Andrássy. Falk steht den jeweiligen Deák-Parteien nahe, die wesentlich zum “Ausgleich” beigetragen haben. In den nächsten Jahren verfolgt das Blatt eine regierungsnahe Linie und ist auf seriöse und gemäßigt unabhängige Berichterstattung bedacht, gerät dabei ständig in kreativen Konflikt zwischen Magyarisierung der Gesellscahft und der eigenen zwar patriotischen aber stets liberalen Einstellung.

Das Feuilleton nimmt unter der Leitung von Adolf Dux breiteren Raum ein, Adolf Silberstein und Ludwig Hevesi können als ständige Autoren gewonnen werden. Der erst In der nach Max Falk benannten Falk Miksa utca hatte der wiedergegründete PESTER LLOYD von 1996 bis 2005 seine Redaktionsräume.

(2005 Umzug in die Váci utca, unweit des ehem. Lloyd-Palastes)

achtzehnjährige Max Nordau debütiert mit einem Feuilleton (“Ein Altarbild”), der später als Mitstreiter Theodor Herzls und als großer Kommentator des Fin de siecle berühmt werden wird.
Ludwig Hevesi wird zum Hauptfeuilletonautoren des PL (“Pester Skizzen”, Pester Briefe”, “Pester Bagatellen”, “Wiener Briefe”, “Aus dem Wiener Kunstleben”)

1868

Die Kuppel des St. Stephans Doms wird vollendet.

Der Ungarische Lloyd und der Neue Pester Lloyd gründen sich aus unterschiedlichen politischen und persönlichen Konflikten zur Redaktion des PL, werden aber nach einigen Jahren aufgegeben.



1869

Das Deutsche Theater steckt in seiner schwersten Krise seit dem Brand des alten Gebäudes 1847. Der PL-Redakteur Dux startet zusammen mit dem Architekten Miklós Ybl eine Initiative zur Gründung eines neuen Theaters, die aber aufgrund fehlender Unterstützung von Seiten der ungarischen Behörden und durch Selbstsucht der Theaterleitung erfolglos bleibt.

1871
Graf Gyula Andrássy wird Außenminister der Doppelmonarchie
Die internationale Berichterstattung wird ausgeweitet.

1872
Pest, Buda beschließen sich zu einer Stadt zu vereinigen.

1873
Budapest wird als Stadt deklariert.
Der PL baut sein Beilagenwesen aus (Sport, Mode, Touristik)

1874
Die Zahnradbahn nimmt ihren Betrieb auf.

Die Redakteure Antal Deutsch und Béla Bamberger führen das Wirtschaftsressort und sorgen durch ihre gut recherchierten Beiträge für ein hohes Ansehen der Zeitung auch im Ausland. Man wird den PL später “The Financial Times of the East” nennen.

1875
Gigantisches Hochwasser überschwemmt große Teile der Stadt

Das Abendblatt erscheint nun regelmässig mit mindestens vier Seiten. Der PL ist nun die führende deutschsprachige Zeitung Ungarns. Das Netz der Auslandskorrespondeten wird erweitert, die Politik erscheint zunemehnd auf der ersten Seite.

1877
Der Südbahnhof wird eröffnet, der Westbahnhof erhält ein neues Gebäude.

1881
Budapest ist am internationalen Telefonnetz angeschlossen, erste öffentliche Fernsprechsstelle.

1884
Eröffnung der Königlichen Ungarischen Oper

1887
Die erste Straßenbahn fährt auf dem Ring.

Todesanzeige Königin Elisabeth ‘Sissi’, PL 1896

1890
Der 1. Mai wird zum ersten Mal als Feiertag begangen.

Die Schriftsteller Stefan Bársony und Karl Beck veröffentlichen im PL.
Der Freund und Förderer Gustav Mahlers, der zur Zeit die ungarische Oper leitet, August Beer, wird zum Chefkritiker.

1892
Budapest erhält den Titel “Haupt- und Residenzstadt”

1894
Lajos Kossuth wird auf dem Kerepeser Friedhof beigesetzt.

1905
Die liberale Partei, der der PL nahe steht, verliert die Wahlen.

1906
Max Falk tritt aus gesundheitlichen Gründen von der Chefredaktion zurück (stirbt 1908). Sein Nachfolger wird Leo Veigelsberg.

1907
Das erste amtliche Taxi fährt in Budapest.

Chefredakteur Veigelsberg stirbt. Siegmund Singer übernimmt die Leitung der Redaktion. Georg Lukács, Aesthetiker und kommunistischer Theoretiker veröffentlicht zum ersten Male im PL.

1908
Österreich-Ungarn annektiert Bosnien-Herzegowina, in Ungarn wechseln sich verscheidene Koalitionsregierungen ab, Konflikte mit Gewerkschaften und den nationalen Minderheiten.

Die Pazifistin und Frauenrechtlerin Bertha von Suttner berichtet für den PL vom 1. Antiduellkongreß, sie wird sich in den nächsten Jahren hier öfter zum Thema Krieg und Frieden zu Wort melden. August Strindberg und Selma Lagerlöf schreiben Feuilletons für den PL, Alexander Roda Roda, der später als ironischer Kommentator der K.u.K. Zeit berühmt wird, schreibt das erste Mal im PL. Er bleibt der Zeitung bis 1937 treu (ca. 60 Beiträge) Max Ruttkay-Rothauser, Autor vieler Dramen und Operettenlibretti wird Theaterkritiker beim PL. Franz Molnár, Autor u.a. des “Liliom” und sozialkritscher Schriftsteller, schreibt zum ersten Mal für den PL (bis 1928 ca. 40 Beiträge) ebenso der in Wien lebende Humorist Ludassy.

1909
Der Budapester Ring erhält elektrische Straßenbeleuchtung

József Vészi, Gründer der literarischen Bewegung und Zeitschrift “Jung-Ungarn”, später der Nestor der ungarischen Publizistik genannt, übernimmt den Posten des Chefredakteurs. Das Feuilleton erreicht in den nächsten fünfundzwanzig Jahren seine Hochzeit, fast alle namhaften ungarischen und viele deutschsprachige Autoren aus Ungarn und dem Ausland werden sich im Pester Lloyd zu Wort melden.

Ludwig Hatvany, Förderer und Biograph von Ady, später Freund von Thomas Mann, beginnt Artikel für den PL zu schreiben.

1910
US-Präsident Theodor Roosevelt besucht Budapest.

Graf Albert Apponyi beginnt Leitartikel im PL zu schreiben, was er über Jahrzehnte fortsetzt. Felix Salten, der später mit dem Roman “Bambi” weltberühmt wird, schreibt zum ersten Male für den PL. Über die Jahre werden es mehr als 150 Artikel, Geschichten, Kritiken.

Roosevelt (r.) in Budapest, links: Graf Apponyi, 1910




1911
Eröffnung der Volksoper (heute Erkel Theater).
Der Komponist Camille Saint-Sants schreibt für den PL.

1913
Graf Stefan Tisza ist Ministerpräsident.

Heinrich Mann und Gyula Krúdy veröffentlichen Prosawerke im PL. Thomas Mann besucht zum ersten Male Budapest. Gedichte Endre Adys werden in Nachdichtungen von Heinrich Horvát erstmals in deutscher Sprache gedruckt.

1914 - 1918
Erster Weltkrieg

Neuerliche Verschärfung der Pressezensur

Der PL unterwirft sich vollstandig der Pressekontrolle und dem national-barbarischen Wahn der kriegführenden Parteien. Ledigilich im Feuilleton finden pazifistische Autoren mitunter versteckte Möglichkeiten der Meinungsäußerung.

1919
Während der Räterepublik (bis 1. August) flieht der größte Teil der Redaktion nach Wien. Eine revolutionäre Gruppe bemächtigt sich der Redaktion und gibt einen “illegitimen” Lloyd heraus, zu den Autoren gehört auch Georg Lúkacs (“Auch das Theater wird nun dem Volke gehören!”)

Ab 28. September ist Chefredakteur Vészi mit seiner Redaktion wieder Herr der Lage, es erscheint zunächst nur das Morgenblatt. Verschärfte Zensurbedingungen der rumänischen Besatzungstruppen. Im PL fehlen zeitweise ganze Spalten, die der Zensur zum Opfer fielen.

1920
Horthy wird zum Reichsverweser ernannt.

1921
Mit dem Vertrag von Trianon verliert Ungarn 2/3 seines angestammten Gebietes. Graf Bethlen wird Ministerpräsident (bis 1931).

Während der Verhandlungen in Trianon berichtet das Delegationsmitglied Graf Apponyi, ein strenger Monarchist und Erzreaktionär, regelmäßig vom Stand der Dinge. Der PL bleibt zwar auch hier ungarisch patriotisch, in vielen Kommentaren werden aber bereits Zweifel laut, ob der ungebremst aufschäumende Nationalismsus nicht mehr schadet als nutzt.

1923
Stefan Zweig schreibt zum ersten Male für den PL ein Feuilleton mit dem Titel “Der richtige Goethe”

1924
Franz Lehár schreibt für den PL Artikel aus Wien.

1925
Neben vielen anderen namhaften Autoren aus dem In- und Ausland schreibt auch Ricarda Huch im PL. Schriftstellerinnen, wie Albert von Puttkammer, schreiben immer häufiger und selbstbewußter auch zu ehedem “männlichen Themen”, wie Politik und Gesellschaft, als eine der ersten schon 1888 die Berlinerin Ida Barber, die in Wien den Schriftstellerinnenverband gründete.

1926
Alfred Polgar, Dramatiker und Schriftsteller in Wien wird regelmäßiger Autor.

Im Leitartikel wechseln sich Graf Apponyi und Ex-Außenminister Gratz in hochwichtiger Pose ab.

Der Lloyd-Palast 1927,
heute steht dort das
Hotel Intercontinental


1927
Der Pengő wird eingeführt

1928
Die Zeitung begeht ihr 75jähriges Jubiläum. Grußtelegramme u.a. von Thomas Mann, Stefan Zweig, Franz Lehár sowie von zahlreichen Politikern und Chefredaktionen deutscher und weiterer ausländischer Zeitungen. Zweigs historische Novelle “Die Hochzeit von Lyon” erscheint im PL. Der Humanist und Schriftsteller Jakob Wassermann hält mehrere Vorträge in Budapest, die im PL veröffentlicht werden.



1930
Benito Mussolini veröffentlicht einen Artikel “Paneuropa” im PL. Das Feuilleton auf gleicher Seite, ein Prosastück, trägt den Titel: “Der kleine König”. Solche indirekten Anspielungen finden sich in der späteren Geschichte der Zeitung immer wieder. - Melchior Lengyel, Franz Herczeg, Dezső Kosztolányi schreiben regelmäßig im Feuilleton.

1931
Ungarn ächzt unter einer Wirtschaftskrise, Graf Bethlen muß als Ministerpräsident zurücktreten.

Der PL sieht sich von Teilen der ungarischen, tschechischen und deutschen Presse immer wieder antisemitischen Angriffen ausgesetzt. Chefredakteur Vészi kontert mit einem aufsehenerregenden Leitartikel: “Genug!”, worin er die stets liberale patriotische Rolle des PL erläutert.

1932

Regierung von Gömbös, hitlerfreundliche Politik, Rechtsruck

1933

Der Kampf zwischen politischer Einflußnahme im Sinne des Nazismus und liberalem Freigeist wird auch im PL in beispielloser Breite geführt. So erscheinen z.B. in ein und demselben Monat Beiträge vom dt. Vizekanzler Franz von Papen, Benito Mussolini, Stefan Zweig und Leo Trotzki...

Die “Schwarze Liste” mit den Namen von 44 deutschsprachigen Autoren wurde in der deutschen Presse veröffentlicht, darunter auch der Leitartikler des “Pester Lloyd” Georg (György) Kecskeméti.

Mit der Metapher: “Kleine erlebte Lektion über Vergänglichkeit” verabschiedet sich Stefan Zweig publizistisch vom Pester Lloyd

Während des internationalen PEN-Kongresses in Wien wird im PL eine leidenschaftliche Debatte über den Einfluß der Naziideologie auf die Schriftsteller geführt. Besonders umstritten: Der Schriftsteller (Bambi, Mutzenbacher) und langjährige PL-Autor Felix Salten, der als Leiter der österreichischen Delegation für den Verbleib der bereits “gesäuberten” deutschen Gruppe kämpft und sich daher selbst Anfeindungen ausgesetzt sieht.

1934

Der “Pester Lloyd” erscheint zweimal täglich mit einer Auflagenhöhe von ca. 25.000 Exemplaren (höchste Auflage in der gesamten Geschichte).

1936


Thomas Mann besucht Budapest. (Abb. mit Attila József) Der PL druckt seine Rede vom 9.6.1936, die er während der Tagung der Cooperation Intellectuelle gehalten hatte, gegen den Widerstand der deutschen Gesandtschaft unter dem Titel: “Der Humanismus in Europa”. Ebenso wurde seine international stark beachtete Rede “Achtung Europa!” in zwei Fortsetzungen vollständig veröffentlicht. Im “Pester Lloyd” werden regelmäßig Texte von deutschsprachigen Schriftstellern gedruckt, die sich im Exil befinden.

Alfred Kerr, der gefürchtetste Berliner Theaterkritiker schreibt für den PL einen Bericht über seinen Besuch beim 80jährigen Bernahrd Shaw, mit deutlichen Angriffen gegen die Rassenpolitik Hitlerdeutschlands. Feuilletonchef Julian Weisz und seine Kollegen verteidigen die Exilschriftsteller konsequent gegen die Blut-und-Boden-Ideologie und die Emporkömmlinge des faschistischen Literaturbetriebes.

1937

Der ehemalige Chefredakteur der Zeitung, der Jude Josef Vészi, wird eines der ersten Opfer der ungarischen Rassenpolitik und muß seinen Platz für Georg von Ottlik räumen, der gemeinsam mit György Kecskeméti den “Pester Lloyd” bis 1944 leitet. Julian Weisz, der fast 50 Jahre für das Feuilleton des PL tätig war, ist neben Vészi eines der prominentesten Opfer dieser ersten “Säuberung”. Er emigirierte in die Schweiz und verstummte 1944 für immer. Vészi starb bereits 1940 nach langer Krankheit und als gebrochener Mann. Sie alle hat die Politik Gömbös’ und Horthys auf dem Gewissen.

Der spätere Minister für gesamtdeutsche Fragen, Ernst Lemmer, wird zum Hofberichterstatter des Deutschen Reiches beim PL und tut sich bis 1944 mit einer Vielzahl nazifreundlicher Artikel hervor.

1938

Dezső Keresztury (späterer Kulturminister Ungarns von 1947 bis 1949) übernahm das Feuilleton und wurde später verantwortlicher Kulturredakteur. Er versucht das geistige Konzept des “Pester Lloyd” auch unter den veränderten politischen Umständen zu bewahren, was fast unmöglich ist.

Der langjährige Schriftsteller, Theaterkritiker und Leiter der Schauspielakademie, Karl Sebestyén verabschiedet sich von seinen Lesern mit dem Feuilleton “Giftbecher und Osterglocken”, einer bewegenden Abwandlung des Faustmonologes, in dem er verbittert mit den Zuständen in Ungarn abrechnet. Er geht daraufhin ins innere Exil und stirbt 1945 noch vor der Befreiung.

1939

Ein “Pester-Lloyd-Komitee” wird gegründet, das mit allen Aufgaben der Redaktion befaßt war und maßgeblichen Einfluß auf den Inhalt des einst liberalen nun immer mehr reaktionären Blattes nimmt. Nach Inkrafttreten der ungarischen Judengesetze führte das Komitee unter seinem Präsidenten, Dr. Leopold Baranyai, eine weitere große “Säuberungsaktion“ in der Redaktion durch.

Edmund Gerő, ehem. Präsident der Akademie der Künste und für Jahrzehnte der leitende Kunstkritiker des PL stirbt in Budapest.

1941

Ungarn greift mit deutscher Protektion Jugoslawien an, Ministerpräsident Teleki begeht Selbstmord, am 26. Juni erklärt Ungarn der Sowjetunion den Krieg. Kállai ist Ministerpräsident – man spricht von Schaukelpolitik, meint damit die Aufrechterhaltung einer konservativen Diktatur, die Andersdenkende und Juden verfolgt und so hofft, dem Eroberungswahn der Deutschen zu entgehen.

Im PL verstummen nach und nach die letzten humanistischen und pazifistischen Stimmen, die sich in den letzten Jahren schon nur noch versteckt äußern konnten. Chefredakteur Ottlik versucht durch eine eigene Schaukelpolitik seine verbliebenen jüdischen Redakteure zu schützen.

19. 3. 1944

Pester Lloyd-Redakteure vor der Deportation nach Auschwitz:

Ernő Geiringer
György Kecskeméti, István Keller
Péter Sugár
Gyula Morgernstern.





Die deutsche Wehrmacht besetzte Ungarn. Mehr als 500.000 Juden und Andersdenkende werden nach und nach unter tatkräftiger Mithilfe ungarischer Faschisten deportiert. Terror der Pfeilkreuzler, der Nazi Szálasi wird Ministerpräsident, die Rote Armee überschreitet die Ungarische Grenze.

Aus Protest gegen den Einmarsch der Deutschen legt die Mehrzahl der Mitarbeiter des “Pester Lloyd“ die Arbeit nieder und verläßt die Redaktion für immer. Viele Redakteure und Mitarbeiter wurden in Konzentrationslager verschleppt und ermordet, unter ihnen die leitenden Mitarbeiter György Kecskeméti, Richard Margittai, sowie Ernő Geiringer, István Keller, Péter Sugár, Gyula Morgernstern. (Abb.)

4. 4. 1944

Von Hitlers Reichsbevollmächtigtem für Ungarn, Edmund Veesenmayer, wird der langjährige Mitarbeiter der Zeitung Matthes Nitsch (seit 1906 für den PL vor allem durch ländlich und folkloristisch geprägte Beiträge tätig) zum Chefredakteur ernannt. Er gehört den ungarischen Nazi-Kreisen an und veröffentlichte profaschistische Artikel. Der “Pester Lloyd“ degradierte endgültig zum deutschen Propagandablatt.

Oktober 1944

Neuer Chefredakteur wird Nikolaus von Zsolnay, ein Erfüllungsgehilfe des deutschen Propagandaministeriums. Als Kommissarischer Direktor der Pester-Lloyd-Gesellschaft wurde vom Berliner Reichspropagandaministerium Dr. Günter Oeltze von Lobenthal – mit weitreichenden Weisungsbefugnissen für Verlag, Redaktion und Druckerei – eingesetzt. Seine Witwe wird unserer Redaktion mehr als 60 Jahre später die Original-Bleilettern des Zeitungskopfes überreichen, die ihr Mann auf der Flucht retten konnte.

November 1944

Die gesamte Redaktion floh vor der Roten Armee in die westungarische Stadt Szombathely. Der Pester Lloyd Palast und die humanistische Tradition der Zeitung liegt in Trümmern. Die Redaktionsräume in der angrenzenden Die Ruine des Lloyd-Palastes 1945

Dorottya-utca (Dorotheenstraße) werden zerstört, das Archiv vernichtet.

1. April 1945

Die vermutlich letzte Ausgabe wurde als Morgenblatt und Nr. 74 in Sopron herausgegeben (Seite 1: “Harte Abwehrkämpfe an der ungarischen Front“), bevor sich Teile der Redaktion über die Grenze in Richtung Wien absetzten.


1994

Nach fast 50 Jahren erzwungenem Schweigen wird der PESTER LLOYD im Jahre 1994 als Gemeinschaftsprojekt deutscher und ungarischer Journalisten und Publizisten als moderne Qualitäts-Wochenzeitung wiedererstehen.

Er ist heute wieder die führende fremdsprachige Publikation des Landes, Ungarns deutsche Stimme: unabhängig - pluralistisch - traditionsreich.

(Red.: M.S.)



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Der Film
(mit Real Player, 13 min.)

Quelle:http://www.pesterlloyd.net/Verlag/Chronik/chronik.html
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